Aktivisten der Résistance während eines Aufstandes in Paris 1944

Stichtag

27. Mai 1943 - Nationaler Widerstandsrat in Frankreich konstituiert

"Soeben findet der Einmarsch der siegreichen deutschen Truppen in Paris statt", teilt das Oberkommando der Wehrmacht am 14. Juni 1940 in einer Sondermeldung mit. Hitlers Strategie des "Blitzkrieges" scheint aufzugehen: Halb Frankreich ist in wenigen Wochen überrollt worden. Die französische Regierung unter Marschall Henri Philippe Pétain ist nach Vichy geflohen. Sie hat nicht nur einen Waffenstillstand mit den Nazis abgeschlossen, sie kollaboriert auch mit ihnen. Pétain lehnt einen aktiven Widerstand gegen die deutsche Besatzung ab. Auf diese Weise will er eine völlige Besetzung des Landes verhindern.

Ganz anders sieht das General Charles de Gaulle, der nach London emigriert ist. Am 18. Juni 1940 sendet er über die britische Radiostation BBC eine bald legendäre Botschaft an die französischen Hörer: "Ich fordere alle Franzosen, die frei bleiben wollen, auf, mich zu hören und mir zu folgen. Es lebe das freie, unabhängige Frankreich." Langsam entsteht Widerstand gegen die deutschen Besatzer. Flugblätter erscheinen, Fluchthelfer werden aktiv und erste Spionagenetzwerke aufgebaut. Dies geschieht allerdings zunächst ohne direkten Einfluss des Generals, den die Briten dennoch als Kopf des "Freien Frankreichs" akzeptieren.

Moulin im Auftrag von de Gaulle

Da de Gaulle aber nicht nur von Großbritannien, sondern auch von den USA als Führungsfigur anerkannt werden will, versucht er, die Kontrolle über die "Résistance" zu erlangen. Denn für die Amerikaner ist das Vichy-Regime zunächst ihr erster Ansprechpartner, wenn es um die französische Nation geht. De Gaulle beauftragt deshalb den Widerstandskämpfer Jean Moulin, die unterschiedlichen Widerstandsgruppen zu vereinen. Anfang 1942 springt Moulin über Frankreich ab. Mit dabei hat er 1,5 Millionen Francs. Damit will de Gaulle eine größere Effektivität der Widerstandsarbeit erreichen.

Am 27. Mai 1943 kommt es mitten in Paris, in der Rue du Four 48, zu einem Geheimtreffen. Im Auftrag von de Gaulle hat Moulin acht Widerstandsgruppen zusammengerufen. Dass auch Vertreter von sechs Parteien und zwei Gewerkschaften aus der Vorkriegszeit eingeladen sind, stößt bei den aktiven Widerstandskämpfern auf Ablehnung. Sie wollen die Versager der Dritten Republik zunächst nicht in ihrem Kreis akzeptieren. Mit viel Mühe schafft es Moulin dennoch, die Streitenden auf eine Linie zu bringen: Der Widerstand bekennt sich zu de Gaulle "als symbolischer Galionsfigur", sagt Steffen Prauser, Résistance-Forscher am Deutschen Historischen Institut in Paris. Die Teilnehmer des Treffens konstituieren schließlich den Nationalen Widerstandsrat, den "Conseil national de la Résistance" (CNR).

Frankreich als Siegermacht

Moulin, der zum CNR-Präsident bestimmt worden ist, wird wenig später verraten und von der Gestapo verhaftet. Klaus Barbie, der "Schlächter von Lyon", foltert ihn persönlich. Im Zug nach Deutschland, wo Moulin weiter verhört werden soll, stirbt er. Der Kampf gegen die deutschen Besatzer geht ohne ihn weiter.

Nach der Invasion der Alliierten in der Normandie, die von der Résistance unterstütz wird, ist de Gaulle der Gewinner. Im August 1944 zieht der General ins befreite Paris ein. Frankreich wird von den Alliierten als Siegermacht des Zweiten Weltkriegs anerkannt. Der CNR prägt mit seinem Programm die soziale und politische Neustrukturierung Frankreichs. Dazu gehören "zum Beispiel große Verstaatlichungen von bestimmten Industrien" und Betrieben wie SNCF und Air France, sagt Historiker Prauser. Auch eine "gewisse Demokratisierung" sei umgesetzt worden.

Stand: 27.05.2013

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