Gert Fröbe

Stichtag

5. September 1988 - Todestag von Gert Fröbe

Gert Fröbe war Goldfinger, James Bonds Gegenspieler, aber er war auch eine Schnecke. Unvergessen sind seine Auftritte als weinerliches Weichtier auf den Kleinkunstbühnen Deutschlands, seine berühmten Christian-Morgenstern-Abende. "Soll i aus meim Hause raus? Soll i aus meim Hause nit raus?", rief der massige Sachse auf der Bühne. Gert Fröbe war auf seine Christian-Morgenstern-Abende fast stolzer als auf den Weltruhm. "Der Tag ist abzusehen, an dem ich nicht mehr arbeiten werde. Ich will nicht in die Theatergeschichte eingehen, aber ich will, dass man sagt: 'Da gab es einmal einen Schauspieler, der hat eine Schnecke so nachgemacht, wie eine Schnecke eben redet'." Gert Fröbe gab immer alles: Er versetzte sich in seine Figuren hinein, ob vor der Kamera oder auf der Kleinkunstbühne.

Süchtig nach Beifall blieb er bis zuletzt: Noch wenige Tage vor seinem Tod am 5. September 1988 trat Gert Fröbe mit einem Erich Kästner-Programm in dem Sanatorium auf, in dem er sich von einer Zungenkrebsoperation erholen soll.

"Dieser Fresse glaubt man, dass sie die eines Zuhälters ist"

Obwohl Fröbe ein hervorragender Charakterdarsteller war, wurde er in Deutschland oft unterschätzt. Auch er selbst zweifelte an sich. Hinter seiner Rampensau-Fassade verbarg sich ein sensibler Mann mit Komplexen aller Art. Er hat unter seiner Herkunft gelitten, dem sächsischen Akzent – und vor allem seinem Aussehen. "Mit meinem Gesicht hätte ich nie einen Liebhaber spielen können, aber eben Gangster. Dieser Fresse glaubt man eher, dass sie die eines Zuhälters ist", sagt Fröbe in einem Interview.

Fröbe spricht dem großen Erich Ponto vor

Fröbe wird als Sohn eines Lederwarenhändlers 1913 im sächsischen Oberplanitz geboren. Im Alter von 20 Jahren beginnt er eine Lehre zum Theatermaler am Dresdener Staatstheater. Abend für Abend beobachtet er den Schauspieler Erich Ponto, der sich auf der Bühne vom Publikum feiern lässt. Fröbe merkt schnell, dass auch er sich nach Beifall sehnt. Er studiert also einen Monolog des Mephisto ein und spricht dem großen Ponto vor. "'Verachte nur Vernunft und Wissenschaft, des Menschen allerhöchste Kraft,' und dann hat der Ponto gesagt, ich solle sofort aufhören, ich wär' ein Komiker", erinnert sich Fröbe.

Ponto gibt ihm dennoch Unterricht, und Fröbe bekommt erste Engagements in Wuppertal, Frankfurt und Wien. Nach dem Krieg erobert er mit seinen Morgenstern-Figuren die Münchner Kleinkunstszene. Seine erste große Filmrolle spielt er 1948: In der "Berliner Ballade" irrt er als klapperdürrer Kriegsheimkehrer Otto Normalverbraucher durch die Trümmerlandschaften der ehemaligen Reichshauptstadt. Die Kritiker sind hingerissen – doch kaum jemand mag den Film sehen. Fröbe glaubt, die Menschen wollen nicht an die Not erinnert werden.

Seine Bösewichte sind schillernd und charismatisch

Die nächsten Jahre sind hart für Fröbe. Mühsam hält er sich mit kleinen Rollen über Wasser und nimmt schließlich Angebote aus Frankreich an, wo man seine Qualitäten viel früher erkennt. Erst 1958, mit 45 Jahren und doppelt so dick wie zu Zeiten der "Berliner Ballade", gelingt ihm der Durchbruch in Deutschland, mit der Rolle des Kindermörders Schrott im Dürrenmatt-Krimi "Es geschah am helllichten Tag".

Diese Rolle bringt ihm sechs Jahre später den Part des Goldfingers ein, Fröbes größtem Erfolg. Weil seine Bösewichte so schillernd und charismatisch waren, blieben sie besonders in Erinnerung. Dabei war er keineswegs nur auf Schurken abonniert. Beifall war sein Lebenselixier, und so nahm er jede Rolle, die er kriegen konnte – auch wenn die Filme nur zweitklassig waren.

Stand: 05.09.2013

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