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Service Computer
Ist Social Media am Ende?
Meta-Chef Mark Zuckerberg hat neulich angekündigt, künftig alle Profi-Faktenchecker "loswerden" zu wollen. Stattdessen soll es weitreichende Meinungsfreiheit bei Facebook, Instagram und Threads und Kontrolle durch die Nutzenden selbst geben. Bei X hat Elon Musk schon vor einiger Zeit Ähnliches eingeführt. Aber: Kann das überhaupt funktionieren?
Erleben wir tatsächlich gerade das Ende von Social Media, wie wir es kannten?
Natürlich kann niemand diese Frage mit Sicherheit beantworten. Aber: Es spricht tatsächlich einiges dafür, dass Social-Media-Plattformen sich in den nächsten Monaten und Jahren auf jeden Fall sehr stark verändern werden. So findet beispielsweise eine immer stärkere "Sortierung" der Nutzenden auf bestimmte Plattformen statt, wie das zum Teil in der Wissenschaft genannt wird.
Anders gesagt: Wenn es auf einer Plattform eine bestimmte Richtung gibt, dann verstärkt sich das nach und nach und dann gibt es auf dieser Plattform immer weniger Meinungsvielfalt. Faktenchecks von anderen Nutzenden ("Community Checks" oder "Community Notes") werden da nur wenig ausrichten können, wenn die Community-Mitglieder vor allem selber aus einer Richtung kommen.
Wie ist denn die Situation bei X?
X driftet seit der Übernahme von Musk weiterhin kontinuierlich nach rechts. Forschende haben zum Beispiel rund um die Community Notes festgestellt, dass die "Community" schon bei der Auswahl der Posts, zu denen Faktenchecks gemacht werden, wählerisch ist: So werden vor allem Posts von großen, reichweitenstarken Konten auf Fakten gecheckt und kommentiert. Das heißt: Die Wahrscheinlichkeit und Gefahr ist relativ hoch, dass viele kleinere Konten Unfug posten, der unkommentiert und ungecheckt bleibt, aber gelesen wird.
Außerdem: Wenn es Faktenchecks von anderen Nutzenden gibt, und die Ergebnisse nicht mit der eigenen Meinung übereinstimmt, dann führt das bei vielen Nutzenden zu Wut und moralischer Empörung. Mit anderen Worten: Die Community Checks werden wahrgenommen, sie ändern aber unterm Strich nicht viel an der Stimmung auf einer Plattform wie X.
Was kann ich tun, wenn ich merke, dass das Meinungsbild auf "meiner" Plattform eindeutig in eine Richtung geht?
Dagegen zu halten wird wahrscheinlich nichts bringen. Dazu weiß man inzwischen, dass sich innerhalb einer Plattform wie X eine bestimmte politische Einstellung durch die Konfrontation mit der Gegenposition sogar noch verfestigen kann. Das heißt: Man regt sich auf, liefert gute Argumente, erreicht aber das Gegenteil.
Ist zu befürchten, dass das alles mit Instagram und Facebook ähnlich läuft?
Das sind die Befürchtungen, aber sicher weiß man das natürlich nicht. Denn: Die Plattformen sind anders ausgerichtet als beispielsweise X. Bei Instagram stehen Fotos im Mittelpunkt, Facebook hat Funktionen, die es bei X nicht gibt (Marktplatz, private oder öffentliche Gruppen etc.). Aber: Facebook und Instagram gehören, wie auch X, Menschen, die ihre jeweils eigenen Interessen verfolgen. Und die werden dann natürlich alles tun, damit ihre Plattform auch in diese Richtung tendiert.
Deshalb scheinen eher alternative Plattformen empfehlenswert zu sein, bei denen tatsächlich die Gemeinschaft die Richtung vorgibt. Beispiel: statt X eher Mastodon, weil dort kein Eigentümer existiert, keine zentrale Institution die Kontrolle ausübt. Im Moment scheint das ein gangbarer Weg zu sein, wenn man sich nicht von Social Media ganz abwenden will, was ja mittlerweile auch nicht wenige Menschen tun.
Autor: Michael Stein
Redaktion: Jan Friese
Service Computer ist eine Rubrik in der WDR 5 Sendung Neugier genügt und ist dort einmal im Monat am Dienstag zwischen 11.04 Uhr und 12.00 Uhr zu hören.