E-Autos

Elektroautos: So weit ist NRW beim Ausbau von Ladesäulen

Stand: 05.09.2023, 06:00 Uhr

Heute beginnt die Internationale Automobilmesse. Großes Thema: Elektroautos. Damit der Umstieg gelingt, braucht es eine gute Lade-Infrastruktur. In NRW fehlt es am nötigen Tempo.

Von Christian Wolf (Text), Nandor Hulverscheidt und Lilia Becker (Grafiken)

Dass die Wende vom Verbrenner zum Elektroauto kommt, daran besteht eigentlich kein Zweifel. Weltweit konzentrieren sich Autobauer darauf, ihre Fahrzeuge mit Strom anzutreiben. Auch bei der am Dienstag beginnenden Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in München wird ein Fokus auf der E-Mobilität liegen.

Wer über den Kauf eines Elektroautos nachdenkt, schaut sich aber nicht nur die Modelle an. Genauso wichtig ist: Wie und wo kann das E-Auto geladen werden? Denn auch wenn die Batterien immer leistungsstärker werden und die Reichweite steigt, müssen sie aufgeladen werden. Und nicht jeder hat zuhause eine private Ladestation.

So viele Ladepunkte gibt es in NRW

Wie gut ist die öffentliche Lade-Infrastruktur mittlerweile ausgebaut? Genaue Zahlen liefert die Bundesnetzagentur. Sie zählt jeden Ladepunkt, der öffentlich für alle zugänglich ist - an der Straße, im Parkhaus oder auf dem Parkplatz vorm Supermarkt. Die aktuellsten Zahlen liegen für den Stichtag 1. Juni vor. Demnach gab es 17.015 Ladepunkte in NRW. Ein Blick auf die vergangenen Jahre zeigt, dass der Ausbau stetig zunimmt.

Entsprechend zufrieden ist erst einmal Roman Suthold vom ADAC Nordrhein. "Von der reinen Anzahl her gibt es im Moment nicht zu wenige Ladepunkte in NRW für die Anzahl der Elektroautos." Das Problem sei eher, wo die sich befänden und wie deren Leistung sei. An Autobahnraststätten zum Beispiel gebe es nicht immer die Möglichkeit, die Batterie schnell aufzuladen.

Große Unterschiede im Land

Zudem sei die Verteilung regional unterschiedlich. Das zeigt auch eine datenjournalistische WDR-Auswertung der Zahlen der Bundesnetzagentur. In Düsseldorf kommen zum Beispiel drei private E-Pkw auf einen öffentlich zugänglichen Ladepunkt. In Köln sind es vier und in Bonn und in der Städteregion Aachen fünf. Es gibt also vergleichsweise viele Ladeoptionen.

Doch das ist nicht überall so. In Soest oder Krefeld teilen sich rein rechnerisch 15 E-Autos einen Ladepunkt und in Leverkusen und im Rheinisch-Bergischen Kreis 18.

Das mit Abstand schlechteste Verhältnis hat Mülheim an der Ruhr. Dort kommen auf einen Ladepunkt 29 E-Pkw. Insgesamt gibt es nur 48 öffentliche Lademöglichkeiten - die niedrigste Zahl von allen Kreisen und kreisfreien Städten.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es in Mülheim vergleichsweise viele Schnelllader gibt. Fast die Hälfte aller Ladepunkte ermöglichen es, innerhalb von ein paar Minuten - und nicht über Stunden - die Batterie wieder zu füllen. Über den Tag verteilt können so mehr Autos tanken. Im Kreis Lippe beträgt der Anteil der Schnelllader an allen Ladepunkten hingegen nur sechs Prozent und im Kreis Olpe gibt es keinen einzigen.

NRW-Schlusslicht will besser werden

Trotzdem räumt die Mülheimer Stadtverwaltung auf WDR-Anfrage ein, dass es noch "Entwicklungsbedarf" gebe. Als Ausbauziel werden rund 1.800 öffentliche Ladepunkte genannt. Allerdings dürfte das nicht so schnell gehen - die Stadt ist hochverschuldet und hat nicht so viel Geld zur Verfügung.

Roman Suthold, ADAC Nordrhein

Roman Suthold, ADAC Nordrhein

ADAC-Experte Suthold sagt: "Die Kommunen haben verstanden, dass sie auch in der Verantwortung sind, eine öffentliche Ladeinfrastruktur aufzubauen." Köln habe sich zum Beispiel "lange gesträubt und jetzt machen sie es sehr vehement".

Doch schon würden die nächsten Fehler gemacht. Mancherorts müsse man sich erst beim örtlichen Anbieter anmelden, um die Ladesäule zu benutzen. Unkompliziert vor Ort bezahlen, sei nicht möglich.

Unterschiede zwischen Stadt und Land

Schaut man sich die Verteilung der Ladepunkte an, fällt auf, dass die eher ländlichen Regionen in NRW eine vermeintlich schlechtere öffentliche Infrastruktur haben als die Städte. Das könnte auch daran liegen, dass der Bedarf dort kleiner ist. Denn wer im Reihenhaus mit Garage wohnt, kann sich eher eine private Ladestation installieren als jemand, der mitten in der Stadt lebt.

Eine offizielle Statistik, wie viele private Ladestationen es gibt, existiert nicht. Sie müssen der Bundesnetzagentur nicht gemeldet werden. Für über 100.000 Ladepunkte an Wohngebäuden in NRW wurden aber bereits Förderungen des Staates verteilt.

Viel mehr Ladepunkte für viel mehr E-Autos nötig

Wenn es im Moment ganz gut klappt mit dem Laden des E-Autos, heißt das nicht, dass das auch so bleibt. Denn: Bis 2030 sollen auf deutschen Straßen mehr als 15 Millionen E-Autos unterwegs sein - so das Ziel der Bundesregierung. Für all die braucht es dann aber auch genug Lademöglichkeiten. Bislang lautet das Ziel eine Million.

ADAC-Experte Suthold zweifelt, dass der Ausbau der Infrastruktur mit den wachsenden Autozahlen mithalten kann:

"Das Ziel der Bundesregierung ist bei der jetzigen Ausbaugeschwindigkeit nicht zu halten. Die Dynamik bei den Autozulassungen ist sehr hoch. Deshalb muss es auch bei den Ladepunkten schneller gehen." Roman Suthold, ADAC

Um tatsächlich eine Million Ladepunkte zu bekommen, müsse die bisherige Ausbaugeschwindigkeit versechsfacht werden.

Stattdessen würden immer wieder Steine in den Weg gelegt. "Ich kenne einen Fall, wo ein Discounter versucht hat, auf seinem Parkplatz Ladesäulen zu installieren und nach einem Dreivierteljahr entnervt aufgegeben hat, weil die Kommune das Baurecht nicht gegeben hat und dann auch noch der Denkmalschutz Bedenken hatte", erzählt Suthold.

Kommunen suchen nach neuen Wegen

Wie es auch anders geht, zeigt zum Beispiel die Stadt Neuss. Dort läuft ein Pilotprojekt für mehr Ladestationen. Dafür hat die Stadt in einem Viertel zehn Straßenlaternen zu Ladestationen umgebaut. Der aufwändige Bau von speziellen Säulen fällt weg. In Köln sollen sogar Ladebordsteine getestet werden, in die die Elektrik integriert wird. Vielleicht helfen Projekte wie diese, um am Ende genug Lademöglichkeiten auf die Straße zu bekommen.

Unsere Quellen:

  • Bundesnetzagentur
  • Kraftfahrt-Bundesamt
  • Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur

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