Überlastete Kommunen: Alternative Flüchtlingsunterkünfte
Aktuelle Stunde. 05.11.2023. Verfügbar bis 05.11.2025. WDR. Von Gereon Helmes.
Geflüchtete in NRW: Wie Kommunen auf Tiny Houses setzen
Stand: 05.11.2023, 20:20 Uhr
In NRW müssen zunehmend Flüchtlinge untergebracht werden. Einige Kommunen testen dafür auch ungewöhnliche Wohnmöglichkeiten. Erwitte zum Beispiel will Tiny Houses für Geflüchtete aufstellen.
Von Jörn Kießler
Ab Frühjahr 2024 sollen Asylsuchende dort auch in solchen kleinen, einfachen Häusern wohnen können. Mit den Tiny Houses geht die Stadt Erwitte im Kreis Soest einen neuen Weg. Vor allem kleine Familien sollen darin untergebracht werden und so mehr Privatsphäre haben.
Doch das ist nicht der einzige Vorteil, den die Stadt bei dieser Unterbringungsform sieht. Die Familien könnten sich durch ein eigenes Tiny House auch stärker mit ihrem neuen Zuhause identifizieren und achtvoller damit umgehen, sagt Isabell Bäsler, Fachdienstleitung Soziales der Stadt Erwitte.
Erwitte hofft auf Akzeptanz durch Anwohner
Zudem können die Tiny Houses leichter auf- und auch wieder abgebaut werden und brauchen weniger Platz als eine Sammelunterkunft. So könnten die Geflüchteten besser auf das Stadtgebiet verteilt werden. In der Verwaltung hofft man, dass sich so auch die Anwohner in Erwitte weniger gestört fühlen und die Häuschen eher akzeptieren, sagt Sven Hoppe, Stadtkämmerer und Vertreter des Bürgermeisters.
Erwitte ist nicht die erste Kommune in NRW, die auf individuelle Unterbringungen für Geflüchtete setzt. Auch in Stolberg in der Städteregion Aachen sind Geflüchtete in Tiny Houses untergebracht. Eigentlich waren diese aufgestellt worden, um darin Opfer der Flutkatastrophe 2021 unterzubringen. Als diese jedoch wieder mehr und mehr in ihre Wohnorte zurückkehren konnten, brachte das Deutsche Rote Kreuz dort Geflüchtete aus der Ukraine unter.
"Die Erfahrungen, die wir damit machen, sind gut", sagt Tobias Schneider, aus der Pressestelle der Stolberger Stadtverwaltung. Auch aus der Nachbarschaft kämen positive Rückmeldungen.
Flüchtlingsrat sieht Tiny Houses als Zwischenlösung
Beim Flüchtlingsrat NRW bewertet man die Tiny Houses als eine gute Lösung, um die Mindeststandards bei der Unterbringung von Geflüchteten zu erfüllen. "Dazu gehören beispielsweise abtrennbare Wohneinheiten, wie eine eigene Küche und ein eigenes Bad", sagt die Geschäftsführerin des Flüchtlingsrats Birgit Naujoks.
Mittel- und langfristig müssten die Kommunen jedoch Konzepte für eine nachhaltige und gute Unterbringung entwickeln oder weiterverfolgen, mit dem Ziel der dezentralen Unterbringung in Privatwohnungen.
Das "Leverkusener Modell" als Vorbild
Als eine der ersten Kommunen verfolgte Leverkusen genau dieses Ziel. Schon 2002 schaffte es die Stadt, zwei Drittel aller Flüchtlinge in Privatwohnungen unterzubringen. Nicht nur die Geflüchteten hatten dadurch Vorteile. Die Wohnungen kosteten die Stadt auch weniger als eine Unterbringung in einer Sammelunterkunft.
Das gleiche Konzept verfolgt aktuell auch die Stadt Minden. Auch dort ist die Unterbringung von Geflüchteten in Privatwohnungen billiger als in Notunterkünften wie Containern, Turnhallen oder Heimen. Darüber hinaus sind die Kapazitäten dadurch offenbar so groß, dass die Stadt alle ihr zugewiesenen Asylsuchenden unterbringen kann.