Mit Abschiebungen allein ist es nicht getan | MEINUNG
Stand: 27.10.2023, 06:00 Uhr
Rascher und einfacher. Die Bundesregierung möchte Abschiebungen schneller durchsetzen. Doch der große Wurf ist das nicht. Und das hat auch mit dem politischen Wettbewerb zu tun, meint Kolumnist Lars Fuchs.
Dialogbox
Zu den Kommentaren [44]Von Lars Fuchs aus dem ARD-Hauptstadtstudio
Jetzt aber. Die Bundesregierung hat in dieser Woche ihr Rückführungsverbesserungsgesetz auf den Weg gebracht. Unter anderem bekommt die Polizei mehr Befugnisse. Menschen ohne Asyl und Bleiberecht sollen Deutschland so auch gegen ihren Willen schneller verlassen müssen. Gut so, werden viele denken, denn laut ARD-Deutschlandtrend sagen acht von zehn Menschen, dass Deutschland die Abschiebungen schlecht gelingen.
Und damit sind wir mittendrin in einer Debatte, die in der Politik viel Raum einnimmt. Da sind die Kommunen und die Bundesländer, die kaum noch wissen, wie sie geflüchtete Menschen unterbringen und integrieren sollen. Da sind Politikerinnen und Politiker deren Zustimmungswerte im Sinkflug sind und die das Thema Migration dafür als Ursache ausgemacht haben. Die Zahlen müssen runter, lautet das Ziel.
Und so ist der Bundeskanzler, mit grimmigem Blick, auf dem Cover des Spiegel zu sehen, mit der Bildunterschrift: "Wir müssen endlich im großen Stil abschieben". Das vollständige Zitat im Interview lautet zwar: "Es geht nur mit einem Bündel von Maßnahmen. Und eine wichtige Maßnahme habe ich noch gar nicht genannt. Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben in Deutschland zu bleiben." - die Botschaft bleibt trotzdem markig und klar.
Trippelschritte statt großer Wurf
Gefragt nach der Zahl der Menschen, die ausreisen müssen, weil sie kein Asyl in Deutschland bekommen und bei denen kein Grund gegen eine Abschiebung spricht, antwortete das Bundesinnenministerium, dass es Ende September 50.134 Menschen waren. Hinzu kommen rund 19.000 Menschen, bei denen die Identität unklar ist und sie deshalb nicht abgeschoben werden können. Auch an dem Punkt setzt das neue Gesetzespaket an und die Behörden sollen mehr Befugnisse bekommen, um Identitäten festzustellen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD spricht bei ihrem Gesetzentwurf von einem "Bündel restriktiver Maßnahmen", um irreguläre Migration nach Deutschland "deutlich zu begrenzen".
Doch die rhetorische Schärfe und das zu erwartende Ergebnis passen meiner Beobachtung nach nicht zusammen. Denn zum Beispiel sagen die zuständigen Behörden, dass sie deutlich mehr Personal brauchen, um Abschiebungen beschleunigen zu können. Außerdem braucht es Abkommen mit den Heimatländern, damit sie ihre Staatsbürger auch wieder zurücknehmen. Die gibt es nicht in jedem Fall. Die Bundesregierung hat zwar einen Sonderbeauftragen ernannt und der fliegt Anfang der Woche nach Marokko um über Rückführungen zu verhandeln, doch das ist nicht einfach.
Angesichts von mehr als rund 250.000 Asylbewerbern, die alleine in diesem Jahr bislang kamen, werden Abschiebungen alleine die Überforderung der Kommunen nicht verringern.
Lautstärke und Tonlage verschärfen sich
Beim Thema Migration gibt es nicht die eine Lösung und auch keine schnellen Lösungen, dafür ist das Thema zu komplex. Doch jeder Vorschlag sorgt für eine Erwartungshaltung. Vor allem, wenn er so deutlich vorgetragen wird, wie dieser. Und jede nicht eingehaltene Erwartung sorgt für einen neuen Vorschlag. Im Wettkampf um die Wählergunst verschärfen sich Tonlage und Lautstärke. Das macht die für eine Demokratie grundlegenden Kompromisse nicht leichter.
Gleichzeitig steigt bei Wählerinnen und Wählern der Frust, weil aus ihrer Sicht zu wenig geschieht. Passieren wird das wohl auch beim Thema Abschiebungen
Gemessen an der rhetorischen Schärfe der Ankündigungen ist das nicht viel. Ich kann nachvollziehen, dass Politikerinnen und Politiker unter Druck stehen, Lösungen zu präsentieren. Besser wäre die Präsentation eines ganzen Pakets gewesen: bei dem es nicht nur um Abschiebungen geht, sondern auch um Arbeitsmarktzugänge und die Hilfe für Kommunen.
Was meinen Sie, woran hängt es in der Asylpolitik? Lassen Sie uns darüber diskutieren! In den Kommentaren auf WDR.de oder auf Social Media.
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44 Kommentare
Kommentar 44: Sandra Marlies schreibt am 01.11.2023, 18:23 Uhr :
Seit 2015 haben sich die sogenannten Politiker in Europa keine Gedanken darüber gemacht, etwas Wirkungsvolles zu beschließen. Das ist doch Fahrlässig !!! Sie spielen mit unserer inneren Sicherheit und dem Wohlstand. Es wundert mich nicht, dass es Menschen zur AFD zieht. Ist es doch die Partei, die uns genau das, was wir jetzt sehen, voraus gesagt hat.
Kommentar 43: M. Lechmann schreibt am 01.11.2023, 12:16 Uhr :
Wenn Geflüchtete wie Abou-Chaker auf TIKTOK posten: „Für mich ist Adolf Hitler besser als Netanjahu“, dann setzt bei mir schon ein Nachdenken ein. Und wenn ich die Zahlen sehe, die rechtsextreme Migranten-Organisaionen an Mitgliedern haben, in absoluten Zahlen mehr als AFD & Co, dann ist Furcht vor Migranten nicht völlig unbegründet. Selbstverständlich muß man da auch differnzieren. Es gibt auch Migranten, die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Ein afrikanischer Freund von mir setzt sich in seiner Stadt beispielhaft für Demokratie und gegen Rassismus ein. Aber im Ausländerbeirat ist er mit anderen Demokraten nur eine Minderheit gegen Nationalisten und religiöse Fundamentalisten.
Kommentar 40: A. Wilf schreibt am 31.10.2023, 15:01 Uhr :
Danke für die differenzierte Betrachtung in dieser unsachlichen Debatte, Herr Fuchs, bei der fast jede demokratische Partei, zuletzt auch die FDP, der AfD hinterherhetzt statt den Rechtsextremen programmatisch und argumentativ entgegenzutreten.
Kommentar 39: 31.10.2023, 14:42 Uhr :
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Kommentar 37: @Ylander schreibt am 31.10.2023, 11:15 Uhr :
In welchen Staat wir leben, wollen Sie wissen (#22). Wenn man die hier geposteten Beiträge liest, ist die Antwort erschreckend: In einem Staat, in dem die Furcht vor Geflüchteten das Nachdenken außer Kraft setzt. Wo Teile der Bevölkerung Menschenrechte für Migranten verweigern. Wo manchen nötig scheint, einen "gärenden Haufen" (A. Gauland) rechtsradikaler Demokratieverächter zu wählen, weil sie die härtesten Maßnahmen gegen Migranten versprechen (#7). Zum Glück sind die Kommentare (noch) nicht repräsentativ.
Antwort von @@Ylander , geschrieben am 01.11.2023, 10:06 Uhr :
...in einem Staat, in dem die Furcht vor Geflüchteten durchaus berechtigt ist, da ein Teil dieser Geflüchteten nicht Willens sind, die hier geltende Ordnung und das Rechtssystem anzuerkennen (Köln Sylvester / Clankriminalität). In einem Land, in dem die Flüchtlinge Menschenrechte nicht akzeptieren. In einem Land, in dem Migranten sich tagelange Strassenkämpfe liefern, ohne dafür bestraft zu werden. In einem Land, in dem viele Migranten die Demokratie verachten, jedoch sehr gerne dessen Vorteile genießen.
Antwort von Ylander , geschrieben am 01.11.2023, 12:33 Uhr :
@ @Ylander: Ich teile Ihre Meinung in keiner Weise, da sie aus meiner Sicht ohne tragfähige Grundlage ist. Die Realität sieht komplett anders aus, als Sie es darstellen.
Antwort von Herbert Runde , geschrieben am 01.11.2023, 13:46 Uhr :
Es gibt kein Menschenrecht bei politischer Verfolgung sich ein Land seiner Wahl auf der Erde mit besseren Sozial- und Lohnniveau auszusuchen. „Wir müssen Spielräume entdecken, die uns zunächst unsympathisch sind, weil sie inhuman klingen", zitiert Ralph Sina den Altbundespräsidenten Gauck in der Kolumne bei ImPuls vom 22.09.2023.
Kommentar 33: Anonym schreibt am 30.10.2023, 22:23 Uhr :
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Kommentar 32: Maria.Anna.P. schreibt am 30.10.2023, 19:22 Uhr :
An die Redaktion: ich habe meine Meinung zu diesem Thema geschrieben, wie ich dieses Thema Flüchtlinge erlebe in der Öffentlichkeit. Was dabei "diskriminierend " sein soll verstehe ich nicht! So weit ist es gekommen für uns Deutsche, bin Jahrgang 1958 . Solange man Ihre Meinung hat ,danke . MfG.
Kommentar 31: Anonym schreibt am 30.10.2023, 16:48 Uhr :
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Kommentar 30: Maria.Anna.P. schreibt am 30.10.2023, 15:20 Uhr :
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Kommentar 29: M. Lechmann schreibt am 30.10.2023, 12:08 Uhr :
Eine bessere Integrationspolitik wäre notwendig. Ein Beispiel sind Ausländer/Integrationsbeiräte. Seit Gründung der Ausländerbeiräte stehen diese Organe mehrheitlich eher für eine Förderung von Parallelgesellschaften als Integration. Angesichts der Äußerungenvon Erdogan, verstehe ich nicht weshalb die Arbeitsagetur die DITIP für Integrationskurse bezahlt. Werden von der Politik zu oft Organisationen gefördert, deren Politik sich gegen die Werte des Grundgestzes richtet?
Kommentar 28: Anonym schreibt am 30.10.2023, 10:22 Uhr :
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Kommentar 27: Aufruf an Bio-Michels ! schreibt am 29.10.2023, 15:00 Uhr :
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Kommentar 26: S.Ernst schreibt am 29.10.2023, 11:05 Uhr :
Die nur allzu oft verbreitete Mär einer möglichen Integration von großen Flüchtlingszahlen hat nicht nur historisch nicht geklappt, sondern lässt sich auch mathematisch mit Mengenlehre nicht belegen. Es entstehen vielmehr Parallelwelten, Getthos ohne Schnittmengen zur hiesigen Gesellschaft. Palästinischer Antisemitismus lässt sich dann auch nur wenig beeinflussen oder gar beeinträchtigen, wenn die Parallelwelten(aber auch mediale Blasen) so weiterwachsen wie bisher.
Kommentar 25: Igor schreibt am 29.10.2023, 08:32 Uhr :
Ich glaube nicht das ROT/GRÜN die absolute Notwendigkeit der Asylbeschränkung einsieht. Es dürfte vielmehr die Tatsache sein, dass scharenweise ihre eigenen ehemaligen Wähler zur AFD überlaufen.
Antwort von 25 ist Schicht im Schacht , geschrieben am 29.10.2023, 15:27 Uhr :
Bekanntlich hat das knallrotgrüne Böhmermännchen nicht nur das ZDF gekapert, sondern auch Nancys BMiI. Deswegen gibts da bei Rotgrün nur noch Blindschleichen ht sichs ausgegrünt ! 2025 hats
Kommentar 24: Wuwu schreibt am 28.10.2023, 21:37 Uhr :
Wer kein Anrecht auf Asyl hat, muss gehen. Wer hier benötigte Qualifikationen mitbringt, kann über ein separates Einwanderungsverfahren eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Aus meiner Sicht ist die Duldung als Aufenthaltsstatus diskussionswürdig. Aber das geht wieder übers Stammtischniveau hinaus. Und bei den legitimen Flüchtlingen braucht es mehr individuelle Betreuung. Nicht repräsentativ, aber bezeichnend: Ein vor 8 Jahren hier angekommener Afghane hat große Probleme Deutsch zu lernen, wird von einem A1-Kurs in den nächsten gesteckt. Aber es ist noch keiner auf die Idee gekommen ihn zu fragen, ob er überhaupt lesen und schreiben kann. Typisch Deutschland...
Kommentar 23: Bettina F. schreibt am 28.10.2023, 18:27 Uhr :
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Kommentar 22: Ylander schreibt am 28.10.2023, 12:17 Uhr :
Ohne klare Feststellung der Identität dürften Menschen gar nicht nach Deutschland einreisen. In welchem Staate leben wir eigentlich? Wir wissen nicht, wer sich hier aufhält? Was ist hier los?
Kommentar 21: Ernst 1955 schreibt am 28.10.2023, 11:28 Uhr :
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Kommentar 20: Grünsektenhasser Bodo schreibt am 28.10.2023, 09:03 Uhr :
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Kommentar 19: Wie doof ist D ? schreibt am 28.10.2023, 08:02 Uhr :
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Kommentar 18: Tom schreibt am 28.10.2023, 07:54 Uhr :
Niemand kann ernsthaft abstreiten, dass Deutschland mit den Flüchtlingen überfordert ist. Mit Abschiebungen alleine ist das Problem nicht zu lösen. Der Zuzug muss endlich kontrolliert werden, dazu gehören auch permanente Grenzkontrollen, denn eine sichere EU-Aussengrenze ist nicht zu erwarten. Die Länder, die ihre Staatsangehörigen nicht zurücknehmen wollen, dürfen keine Entwicklungshilfe mehr erhalten. Solange Deutschland dieses umfangreiche Asylrecht mit seinen Sozialleistungen anbietet, wird sich an der Situation nichts ändern. Der jetzt aufgerufene "Abschiebungskurs" ist nur Wahlkampf....