Schluss mit dem Dagegen-Wahlkampf | MEINUNG
Stand: 26.09.2024, 06:00 Uhr
Wer steht für welche Politik? Schwer zu sagen, denn Inhalte gehen vor lauter Gegeneinander gerade unter. Fatal findet das unser Kolumnist und wünscht sich eine neue Tonlage.
Von Lars Fuchs
Dialogbox
Zu den Kommentaren [75]"Die Ampel ist abgewählt."
"Sie können es nicht."
"Sie machen Politik gegen eine Mehrheit der Bevölkerung."
Kolumnist Lars Fuchs
Diese und noch deutlichere Töne sind gerade landauf, landab zu hören. Herzlich Willkommen im Dagegen-Wahlkampf des Jahres 2024. Deutlich haben sich die politischen Lager gegeneinander positioniert. Die Union gegen die Ampel. Die SPD gegen Friedrich Merz. Markus Söder gegen die Grünen. Das BSW und die AfD gegen alle anderen.
Und in dieser Tonlage wird es wohl noch ein gutes Jahr bis zur nächsten Bundestagswahl weitergehen. Friedrich Merz wird Olaf Scholz stets sagen, dass er es nicht kann. Olaf Scholz wird Friedrich Merz ebenfalls stets sagen, dass er es nicht kann. Nach den aktuellen Rücktritten ihrer Parteispitze haben die Grünen alle Hände damit zu tun, sich neu aufzustellen. AfD und BSW werden sich als die Kräfte darstellen, die jeweils nur allein den Untergang Deutschlands abwenden können. Und die FDP wird um ihr Überleben kämpfen. Dagegen statt dafür - das macht nicht gerade Lust auf Politik.
Die Mär vom Staatsversagen
Wahlkampf kennt zwei grundsätzliche Tonlagen: Hoffnung oder Angst. Viele Politiker haben sich für das Spiel mit den Ängsten der Wähler entschieden. Angst vor Migration. Angst vor dem Heizungstausch. Angst vor Russland. Angst vor der Zukunft.
So zum Beispiel nach dem Anschlag in Solingen. Als Lösungen wurden Abweisungen an den Grenzen und ein pauschaler Aufnahmestopp für Syrer und Afghanen präsentiert. Beides ist nicht nur rechtlich, sondern auch praktisch schwer bis kaum umzusetzen. Und, aus Sicht von Sicherheitsexperten nicht zielführend. Sie halten beispielsweise Früherkennungsprogramme in Flüchtlingsunterkünften für sinnvoller, um islamistische Attentäter zu erkennen.
Um es deshalb klar zu sagen: Auch wenn die Lage schonmal besser war, von einem Staatsversagen ist Deutschland weit entfernt. Trotzdem ist eine Schlammschlacht voller Düsternis in vollem Gange. Die Ampel ist zwar in weiten Teilen selbst schuld an ihrem Auftreten, aber am Sound, an der Schwarzmalerei sind alle beteiligt. Wo bleibt der Ausweg, wo sind die Lösungen? An Überschriften, wie "Wir schaffen das Bürgergeld ab" oder "Eskalierende Konflikte müssen beendet werden" mangelt es zwar nicht, aber: Was heißt das genau?
Wie soll das Leben in Zukunft aussehen?
Gegen einen ordentlichen politischen Streit und Selbstmarketing ist absolut nichts einzuwenden. Aber unterkomplexe Lösungsvorschläge helfen niemandem. An Herausforderungen mangelt es schließlich nicht. Und damit meine ich nicht nur die Themen Klima und Migration. Damit meine ich marode Brücken, soziale Sicherheit und vor allem: Wie soll das Leben in Zukunft aussehen?
Die Zeiten in denen Parteien von der stets gleichen Anhängerschaft gewählt werden, sind vorbei. Aufmerksamkeitsspannen sind in Zeiten von Social Media gering. Und: BSW und AfD wirbeln die Parteienlandschaft durcheinander. All das macht Wahlkämpfe nicht leichter. Aber stets in den Vordergrund zu stellen, wogegen und gegen wen man ist, reicht einfach nicht. Und so wichtig sie auch sind: Debatten über rote Linien und Koalitionsoptionen regen auch nicht dauerhaft zum Wählen an.
Bitte mehr zumuten
Politik muss mehr sein als die Bewältigung von Krisen. Ich wünsche mir einen Wettstreit von realistischen Zukunftsvisionen. In vielen Reden schwingt gerade das Versprechen mit, die gute alte Zeit wieder herzustellen. Diese wird es aber im Angesicht einer alternden Gesellschaft und dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt nicht geben. Nur um zwei Beispiele zu nennen.
Eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ideen darf jedem der Wählen darf, zugemutet werden. Wenn es bei dem aktuellen Dagegen-Wahlkampf bleibt, wird sich das Klima in unserer Gesellschaft verschlechtern. Die Wahlen in diesem Jahr sind geschafft. Zeit innezuhalten, die Chance für eine neue Tonlage - sie ist da.
Was würdet ihr euch für den anstehenden Wahlkampf von den Parteien wünschen? Schreibt uns dazu gerne in die Kommentare auf WDR.de oder auf Social Media.
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75 Kommentare
Kommentar 75: Gerald schreibt am 02.10.2024, 13:32 Uhr :
Abgesonderte Halbsätze und Buzzwords wurden uns schon immer an den Kopf geworfen, was ist jetzt neu? Hashtags! Um so wichtiger ist es logische Argumentationsketten zu bilden, also Thema ( XXXX ) ist wichtig, WEIL( XXXX ), und dazu benötigen wir DIES ( XXXX ) und auch zu beachten wäre DAS ( XXXX ). Zudem ist JENES ( XXXX ) zu beachten, WEIL ( XXXX ) und solide finanziert wird das MITTELS ( XXXX ). Das hat natürlich auch Auswirkungen AUF ( XXXX ) und dem entgegnen wir MIT ( XXXX ). Unbedingt zu vermeiden sind logische Brüche, Themensprünge sowie unrealistische Vorstellungen. Wollen wir mal Probeläufe mit #Infrastruktur, #Heizungsgesetz, #Migration, #AI, etc. machen? Ich habe den Eindruck das Politiker die Komplexität ihrer eigenen Themen nicht wirklich durchdringen, zudem fehlt oftmals der Realitätsbezug, die Objektivität sowie eine Analyse weiterer möglicher Auswirkungen mittels Abstraktion. Ich freue mich schon auf den abgesonderten Stuss.
Kommentar 74: Stoppt die GEZ-Schurken ! schreibt am 02.10.2024, 10:40 Uhr :
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Kommentar 73: Feuert alle GRÜNE im WDR schreibt am 02.10.2024, 06:36 Uhr :
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Kommentar 72: Harald schreibt am 01.10.2024, 12:55 Uhr :
Was heißt "eine realistische Zukunftsvision?" Kann eine Vision unrealistisch sein? Wie wünsche ich mir einen Wahlkampf? Grundsätzlich Wahrheitsgemäß,nicht menschenverachtend im Verhalten und bei den Argumenten, Sicher für den Menschen die aktiv Wahlkampf machen aber auch für die um die es geht in den Argumenten. Anregend zu einer Diskussion und kein vorwerfen, diskriminieren und noch viel mehr. Aber mit meiner Erfahrungen aus der Vergangenheit werden einige Wünsche unerfüllbar sein da einige eine andere Absicht haben. Das vorwerfen von Inkompetenz,das personalisierte vorwerfen von Fehlern hat noch nie zu etwas besserem geführt. Die Meinung wird oft emunalisiert und weiter aufgeputscht. Der Umgang der uns da vorgelebt wird prägt auch eine Öffentlichkeit. Für mich haben Parteien und Personen viel Macht und manchen sollte man diese Macht besser nicht geben. Ist das eine unrealistische oder realistische Zukunftsvision?
Kommentar 71: Horsti schreibt am 01.10.2024, 10:27 Uhr :
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Kommentar 70: K.T. Stammtisch schreibt am 01.10.2024, 00:26 Uhr :
Wir haben gerade die Dokumentation über Ricarda Lang in der ARD geschaut. Auf die Beweggründe ihres Rücktritts als Parteivorsitzende angesprochen, hat sie auffällig viel mit den Augen geklimpert. Wie eine Frühlingszwiebel ist sie in der Partei gewachsen, bis sie irgendwann keine Frühlingszwiebel mehr war. Ihre Arbeit als Bundestagsabgeordnete werden wir weiterhin interessiert verfolgen. Die zum jetzigen Zeitpunkt erfolgte Zäsur war richtig, weil im persönlichen Reifeprozess ihre künftige Arbeit viel unabhängiger stattfinden wird. Wir waren angenehm überrascht, als wir den offenherzigen u. kompetenten Menschen Ricarda Lang hinter der hauchdünnen politischen Fassade persönlich wahrnehmen durften. Dieser Beitrag war mal ein positives Beispiel den politischen Gestaltungswillen einer Politikerin offenkundig werden zu lassen.
Antwort von irre grüne Lobhudelei ! , geschrieben am 02.10.2024, 09:09 Uhr :
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Antwort von Wann fällt die GEZ ? , geschrieben am 02.10.2024, 09:27 Uhr :
Auf dieser Domain wird von den grünen talentfreien WDR.-Tusneldas und grünen WDR-Heinis wahrlich nur noch schleimend grüne Huldigung gemacht, die man weltteuerst finanzieren muß ! Zum Fremdschämen und es wird immer schlimmer !
Antwort von WDRJournalie zum Schämen , geschrieben am 02.10.2024, 10:53 Uhr :
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Kommentar 69: Anonym schreibt am 30.09.2024, 23:22 Uhr :
Bravo Lars Fuchs ! Sie haben den aktuellen Status Quo der gesellschaftlichen Mehrheitsmeinung in Deutschland in den ersten 3 Zeilen Ihrer Kolumne völlig richtig , klipp und klar auf den Punkt beschrieben; so daß man den Rest ihrer Kolumne auch gleich schon schnell vergessen sollte , denn er verwirrt nur; also schießen Sie sich nicht selbst ins Bein, wenn sie das von Ihnen oben zutreffend Beschriebene dann weiter unten im Sinne der rotgrünen Lehre umzubiegen versuchen. Also weiter so, Lars , aber bitte ohne nachträgliche grüne Verrenkungen , die Ihnen ohnehin kaum jemand abnimmt.
Antwort von Name unterdrückt (Netiquette-Verstoß) , geschrieben am 02.10.2024, 00:26 Uhr :
Das , was Israel uns an Terror vom Halse hält, trommeln , abgesehen von Ralph Sina, die anderen , hinter den Ohren gewaltig grünen Mitarbeiter aus der Impuls-Redaktion wieder nach D ! Armes D ! Womit haben wir das verdient und die GEZ-Gebühren müssen wir auch noch zahlen !
Antwort von Marcus Söder ,rette uns ! , geschrieben am 02.10.2024, 06:53 Uhr :
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Kommentar 68: K.T. Stammtisch 5,0 Origi schreibt am 30.09.2024, 22:24 Uhr :
Soso. Wir glauben, dass der Einflusszirkel des WDR auch auf Sie, Herr Fuchs, großen Einfluss hat. Welche Sicherheitsexperten können denn empirisch belegen, dass Früherkennungsprogramme in Flüchtlingsunterkünften islamistische Attentäter erkennen können? Oder wer schützt Menschen vor Femiziden? Mögen die körperlichen Wunden und die seelischen Schäden der 31 Opfer in Essen des syrischen Täters möglichst vollständig heilen. Morgen hätten wir wieder ein neues Genesungsanliegen. Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Wer sagte das denn nochmal? Der Vorstand der grünen Jugend ist ja geschlossen zurückgetreten, weil die Grünen angeblich zu rechts sind. Özdemir erlebte jetzt auch einen Shitstorm, weil er besorgt u. berechtigt anmerkte, dass seine Tochter von einer bestimmten Klientel begafft u. sexualisiert werde. Viele Shit-StormMenschen leben so dermaßen in Ihrer eigenen Blase, dass Sie der heilsamen Wirkung des kritischen Außenblicks niemals gewahr werden. Wir lieben die Maus.
Kommentar 67: Anonym schreibt am 30.09.2024, 19:11 Uhr :
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Kommentar 66: K.T. Stammtisch Jule schreibt am 30.09.2024, 18:57 Uhr :
Wir testen mal Ihre Kritikfähigkeit, indem wir behaupten, dass alle Parteien, die zum transatlantischen demokratischen Spektrum zählen, nur noch in knorrig geschraubten Plattitüden ihre Botschaften verkünden. Manchmal ist jedoch die Lehre wichtiger als die Botschaft. Die politische Berichterstattung hat sich zu einer eigenen politischen Klasse entwickelt, die widerum in Abhängigkeit den eigentlichen journalistischen Auftrag wohlfeil vernachlässigt. Das bedeutet, dass wir als Verbraucher bestens informiert sind, auf welcher Matratze es sich gut bettet, die großen politischen Fragen bleiben kryptisch im Ungefähren, weil wir nur wohltemperierte Narrative konsumieren. Zwei Beispiele: Wir brauchen Zuwanderung. Nein, wir brauchen keine Zuwanderung, sondern eine Neustrukturierung des Arbeitsmarktes. Deutschland profitiert von Europa. Nein, Deutschland ist Nettozahler, wird durch Migrationsströme u. Verbrauch der Infrastruktur (Brücken etc.) benachteiligt. Wir bitten um Diskurs.
Kommentar 65: Klaus Taler Stammtisch schreibt am 30.09.2024, 14:18 Uhr :
Wir glauben, dass realistische Zukunftsvisionen nur dann entwickelt werden können, wenn eine Gesellschaft sich in den Grundwerten größtenteils einig ist. Wir erleben aber das Gegenteil. Politische, soziale, religiöse Spannungen nehmen deutlich zu. Wir erleben politische Inszenierungen, rethorischen Scharfsinn bei den Protagonisten aber leider keinen umfassenden politischen Scharfsinn. Ein Staat, der weder seine Grenzen noch seine Bürgerinnen schützen kann und geltendes Recht nicht umsetzen kann-ja-wie soll man den noch wahrnehmen? Aktuell darf man vermuten, dass die FDP bei Verbleib in der Koalition, im nächsten Bundestag nicht mehr vertreten ist. Schon deswegen wird sich die Tonlage wahrscheinlich nicht positiv verändern.