Nur noch ein kleiner Rest des Sündenwäldchens steht nach dem Beginn der Rodung durch RWE Power am Rande des Tagebaus Hambach.

"Täuschung" durch RWE? Deshalb steht das Sündenwäldchen teils noch

Stand: 06.03.2025, 17:41 Uhr

Bis Ende Februar wollte RWE das Waldstück roden, zog dafür sogar vor Gericht. Warum ist ein Teil noch immer nicht gefällt?

Von Tobias ZacherTobias Zacher

Hat RWE beim Streit um die Rodung des Sündenwäldchens falsche Angaben gemacht? Gerichtsdokumente, die dem WDR vorliegen, geben neue Hinweise auf diese auch politisch spannende Frage.

In ihren Schreiben vom Januar 2025 betonen RWE-Anwälte immer wieder, wie dringend nötig das Roden des Waldstücks noch im Februar sei. Vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster bekam RWE mit dieser Argumentation Recht. Die Richter entschieden Ende Januar: Damit RWE den Tagebau Hambach vergrößern kann, darf der Konzern bis zum 28. Februar komplett roden.

Doch davon hat RWE bis heute keinen Gebrauch gemacht. Ein Teil des Sündenwäldchens, etwa ein Hektar groß, steht bis heute.

BUND: "bewusste Täuschung" von Öffentlichkeit und Gericht

Der BUND NRW, der gegen RWE vor Gericht unterlag, spricht deshalb in einer Stellungnahme nun von einer "bewussten Täuschung" der Öffentlichkeit und des Gerichts. Denn RWE hatte das Roden des Sündenwäldchens vor Gericht immer wieder als äußerst dringlich dargestellt.

So machten die Anwälte des Unternehmens am 6. Januar Druck: "Ein auch nur vorübergehender Verzicht auf die Rodungsmaßnahmen im sog. Sündenwäldchen in der laufenden Rodungsperiode hätte daher erhebliche nachteilige Konsequenzen für den Tagebaubetrieb, insbesondere für die – dem Allgemeinwohl dienende – Wiedernutzbarmachung." Am 8. Januar betonten die RWE-Anwälte im Gerichtsprozess erneut: "Auf die unbedingte Notwendigkeit der Rodung des sog. Sündenwäldchens noch in dieser Rodungsperiode zur Aufrechterhaltung eines Regelbetriebes sei nochmals hingewiesen."

Die Rodungsperiode ist mit dem 28. Februar zu Ende gegangen. Vollständig abgeholzt hat RWE das Waldstück nicht, rund ein Fünftel der ursprünglichen Fläche steht noch.

Wie passt das zusammen?

RWE: Rodung durch Besetzung nicht mehr möglich

Für die Umweltschützer des BUND ist das der "Beweis" für eine "bewusste Täuschung" durch RWE.

Der Suendenwald bei Manheim, nachdem ein Grossteil bis auf das besetzte Gebiet abgeholzt wurde.

Der Rest des Sündenwäldchens

Der Konzern dagegen begründet das mit der Besetzung genau dieses Waldabschnitts durch Aktivistinnen und Aktivisten: "Zwar hat das OVG auch hier die Rodung ermöglicht, doch waren aufgrund der dortigen Besetzung keine Arbeiten mehr innerhalb der Rodungsperiode möglich", teilt der Konzern auf WDR-Anfrage mit.

Tatsächlich müssten die besetzten Bäume wohl zuerst mit einem größeren Polizeieinsatz freigeräumt werden, bevor sie gefällt werden können. Ähnliche Einsätze bei Lützerath und im Hambacher Forst hatten in der Vergangenheit mehrere Tage gedauert, außerdem für große Aufmerksamkeit und teils Kritik gesorgt.

Die SPD im Landtag hatte bereits im Januar vermutet, dass die Besetzung in Verbindung mit der jüngsten Bundestagswahl ein Grund gewesen sein könnte, nicht zu roden. "Offenbar will Herbert Reul unschöne Bilder von einem Räumungseinsatz so kurz vor der Bundestagswahl vermeiden", hatte Christina Kampmann (SPD) gesagt. Für den - nun eingetretenen - Fall, dass es keine Räumung gibt, "wird man sich fragen dürfen, warum die bisherige Rodung dann überhaupt notwendig war", so Kampmann damals. RWE hatte bestritten, dass es Absprachen mit der Landesregierung zu den Rodungen gab.

Restfläche soll ab 01. Oktober abgeholzt werden

Nun teilt RWE mit: Das Abholzen des verbleibenden, besetzten Stückchens Wald könne der Konzern in der nächsten Rodungsperiode ab 01. Oktober nachholen, "angesichts der geringen Flächengröße". Das Gebiet solle "ab dem 2. Quartal 2026" vom großen Braunkohlebagger abgegraben werden.

Der vor Gericht unterlegene BUND NRW gibt sich zerknirscht: "Es ist müßig darüber nachzudenken, wie das Oberverwaltungsgericht ohne den künstlich herbeigeredeten Zeitdruck entschieden hätte", so Geschäftsleiter Dirk Jansen. Nach dem Gerichtsentscheid habe RWE "bereits großflächig Fakten schaffen" können.

Unsere Quellen:

  • Schreiben von RWE-Anwälten
  • Stellungnahme BUND NRW
  • Stellungnahme RWE
  • SPD-Fraktion im Landtag

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