Wohnungskonzerne

Schrottimmobilien: Der aufwendige Kampf gegen Miet-Missstände

Stand: 11.06.2023, 06:00 Uhr

Wer Wohnungen verkommen lässt, gegen den sollen Kommunen hart vorgehen. So steht es im Wohnungsstärkungsgesetz des Landes. Nach WESTPOL-Recherchen stößt das offenbar an Grenzen.

Von Beate Becker und Michael Hoverath

Schimmel an den Wänden, Ratten auf den Gehwegen und Müll auf den Rasenflächen. Seit Jahren müht sich die Stadt Dortmund, um solche menschenunwürdigen Wohnverhältnisse in einer Hochhaussiedlung in der Nordstadt zu beenden. Mieterin Hatice wohnt seit 15 Jahren hier und sagt dem WDR:

"Der Vermieter kümmert sich um nichts. Wenn wir uns beschweren, kommt niemand." Hatice, Mieterin

Problematische Eigentümer

Während einzelne Eigentümer von kleineren Schrottimmobilien meist einlenken und renovieren, wenn die Kommune mit Zwangsgeldern droht, stößt man in der Großsiedlung auf Granit. "Man muss erst mal gucken, dass man die richtigen Leute überhaupt erwischt. Das ist eine spezielle Eigentümerstruktur", sagt Ludger Deimel von der Bauaufsicht der Stadt Dortmund.

Ina Scharrenbach (29.06.2022)

Tatsächlich haben die Firmen, denen die Siedlung gehört, in den vergangenen Jahren häufig gewechselt. Mal hießen sie Altro Mondo, dann Belvona, white green Properties und nun Lakonie. Dahinter steckten aber immer die gleichen Menschen mit den immer gleichen Geschäftsgebaren: "Es geht darum, aus schlechten Immobilien das Maximale an Geld irgendwie rauszuziehen und so im Grunde ein bisschen zu versuchen, dem Staat auf der Nase herumzutanzen", beschreibt das NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU).

Kommunen überfordert

Und das nicht nur in Dortmund, sondern in vielen Siedlungen des Landes. Groß angelegte Kontrollen gab es in dieser Woche in insgesamt elf Städten. Grundlage dafür ist ein Gesetz, das vor neun Jahren unter einer rot-grünen Landesregierung eingeführt wurde. Die heutige Ministerin Scharrenbach ist davon überzeugt, dass dieses Gesetz auch hier funktioniert. Die Kommunen aber, die die Kontrollen durchführen müssen, sind skeptisch. Werden Bußgeldbescheide verschickt, wechsle auf dem Papier der Eigentümer. Dann müsse man von vorne anfangen.

Wohnungskonzerne

Und es gibt noch eine Schwierigkeit: Theoretisch erlaubt das Gesetz, ganze Häuserblocks für unbewohnbar zu erklären und dem Eigentümer damit seine Einnahmequelle trockenzulegen. "Dann muss ich aber die Leute unterbringen und das sind dann mehrere 100 Familien. Das kriegen wir ja gar nicht hin", glaubt Ludger Deimel von der Stadtverwaltung Dortmund.

Mieterbund fordert mehr Mut

Der Mieterbund kennt solche Bedenken. Nichts tun sei dennoch keine Lösung. Vorsitzender Hans-Joachim Witzke fordert von den Kommunen mehr Mut, sich mit diesen Firmen anzulegen. Werde mehrfach hart durchgegriffen, habe das auch eine abschreckende Wirkung.

Zur Not Enteignung

Auch das Ministerium ermuntert die Kommunen, das Gesetz konsequenter anzuwenden. "Es geht ja hier um Menschen, die nicht einfach umziehen können, die ihre Rechte oft nicht kennen und sich auch nicht wehren können", sagt Scharrenbach und kündigt an, ihr Gesetz womöglich noch zu verschärfen. Möglich soll künftig auch sein, Schrottimmobilien unter Zwangsverwaltung zu stellen.

Mit welchen Mitteln die Kommune vorgeht, ist den Mietern der Problemsiedlungen egal. Hatice spricht für viele, wenn sie sich wünscht: "Ich habe schon Reparaturen aus der eigenen Tasche gezahlt. Das muss aufhören und nicht erst in einigen Jahren."

Über dieses Thema berichten wir im WDR Fernsehen bei Westpol, am 11.06.23 ab 19:30 Uhr.

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