Flugzeug auf der Startbahn am Paderborner Flughafen

Kommentar: Rückführung per Charterflug nach Bulgarien

Stand: 12.02.2025, 16:40 Uhr

Im Landtag legt der Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Solingen los und fast zeitgleich startet der erste selbst organisierte Charter-Überstellungsflug aus NRW mit sieben Asylsuchende nach Bulgarien. Zufall oder doch wohlüberlegte Inszenierung?

Von Klaus SchefferKlaus Scheffer

Na prima. Dann hat Nordrhein-Westfalen jetzt also einen Charterflug mit sieben ausreisepflichtigen Männern nach Bulgarien zurückgeschickt, damit dort über ihre Asylgesuche in der Europäischen Union entschieden wird.

Möglich gemacht hat dies das Dublin-Verfahren, nach dem über Asylanträge in der EU in dem Land entschieden wird, in das der jeweilige Flüchtling als erstes eingereist ist. Und das ist häufig Bulgarien.

Ein polizist steht vor einer Bühne des Stadtfests in Solingen

Warum aber jetzt die große Aufmerksamkeit für diesen Flug? Das hängt natürlich mit dem Anschlag von Solingen zusammen. Denn auch der spätere Attentäter, der auf dem Volksfest in der Stadt im Bergischen Land drei Menschen getötet hat, war ein Asylbewerber aus Syrien, der über Bulgarien nach Deutschland gekommen war. Und der eigentlich zum Zeitpunkt seiner Tat längst hätte wieder in Bulgarien sein sollen – wenn denn die angeordnete Rückführung auch tatsächlich geklappt hätte.

Dass das damals, 2023 nicht funktioniert hat, lag – so die Erklärungen von NRW-Flüchtlingsministerin Paul – auch an strikten Bedingungen, die Bulgarien an eine Aufnahme knüpfte: enge Zeitfenster und auch dem Ausschluss von Charterflügen. Flüchtlinge hätten nur per Linienflug nach Sofia zurückgeführt werden dürfen, hatte Paul nach dem Anschlag von Solingen gesagt. Das wären dann maximal zwei auf einer Maschine gewesen.

Josefine Paul (Grüne), Familien- und Flüchtlingsministerin

Da klingen die sieben, die jetzt von Düsseldorf ausgeflogen wurden, natürlich nach viel. Flüchtlingsministerin Paul spricht denn auch von einem großen Schritt nach vorn. Das ist er aber vor allem für sie persönlich, denn sie muss sich demnächst vor einem Untersuchungsausschuss im Landtag zu möglichen Fehlern auch in ihrem Verantwortungsbereich beim Solinger Anschlag äußern. Und es gibt ja neue Zweifel an ihrer Darstellung, dass es an den bulgarischen Behörden und deren Bedingungen gelegen hat, warum die Abschiebung des späteren Täters nicht vollzogen werden konnte.

Da kann Josefine Paul gute Nachrichten bestens gebrauchen. Persönlich und politisch. Eineinhalb Wochen vor einer Bundestagswahl, bei der das Thema Migration und Rückführung von Flüchtlingen das alles beherrschende ist, dokumentiert jetzt ausgerechnet eine grüne Ministerin Handlungsfähigkeit und Entschlossenheit bei der Rückführung von ausreisepflichtigen Asylbewerbern. Besseres Timing geht fast gar nicht. Wäre da nicht der schale Beigeschmack, dass das alles eine wohlüberlegte Inszenierung mit Blick auf Untersuchungsausschuss und die Wahl ist. 

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