Nordrhein-Westfalens Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) stellt am Donnerstag die neuesten Zahlen zur Wohnraumförderung vor. Auch bei einer Anhörung im Landtag ist die Lage am Wohnungsmarkt in NRW Thema. Die Probleme sind bekannt: Es gibt nicht genug bezahlbare Mietwohnungen.
Die Kommunen bezeichnen die Lage als "derzeit dramatisch". Und dies "nicht mehr nur in den großen Städten entlang der Rheinschiene und in Münster, sondern in zunehmendem Maße auch in ländlicheren Gegenden". Besonders betroffen: die "mittleren und unteren Mietpreissegmente".
Wie viele Sozialwohnungen fehlen?
Ein Instrument der Baupolitik sind Sozialwohnungen. Ein Problem in der Debatte über Wege aus der Krise: Wie viele Sozialwohnungen wirklich fehlen, kann niemand verlässlich sagen - aber es sind wohl ziemlich sicher mehr als jene gut 4.000, die im Januar 2024 vom Pestel-Institut ermittelt worden waren. Demnach verzeichnete NRW im Jahr 2022 mit gut 430.000 Sozialwohnungen bundesweit die meisten - und nur 4.175 weniger als benötigt. Bereits 2018 hatten Forscher im Auftrag der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung die Zahl von knapp 550.000 fehlenden "bezahlbaren" Wohnungen in NRW ermittelt.
Ein Bündnis aus Deutschem Mieterbund und Sozialverbänden hatte das Pestel-Institut mit dem Gutachten beauftragt. Doch die ermittelten Zahlen hält der Mieterbund in NRW für irreführend. In dem Gutachten sei man von der "extrem konservativen" Annahme ausgegangen, dass deutschlandweit zwei Millionen Sozialwohnung fehlten. Heruntergerechnet auf die einzelnen Bundesländer sei dann dieser extrem niedrige Fehlbetrag herausgekommen. Daniel Zimmermann vom Mieterbund: "Und weil NRW traditionell mehr Sozialwohnungen hat als andere Bundesländer wurde hier auch ein geringerer Mangel festgestellt."
Mit einer anderen Fragestellung und weiteren Bezugsgrößen wären die Pestel-Forscher zu einem höheren Fehlbetrag für NRW gekommen, glaubt der Mieterbund. In die Schätzung müsste die Zahl der Menschen mit Wohnberechtigungsschein sowie der Wohngeld- und Grundsicherungs-Empfänger einbezogen werden, die in NRW vergleichsweise hoch liegen.
Mieten sind bei Sozialwohnungen staatlich reguliert. Wohnen dürfen dort nur Menschen, bei denen die Behörden besonderen Bedarf sehen. Menschen, die in eine Sozialwohnung einziehen wollen, benötigen dafür einen Wohnberechtigungsschein. Nach einer bestimmten Zeit können die Wohnungen normal am Markt vermietet werden.
Auch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) bezeichnete die Zahlen aus der Pestel-Studie als "unseriös". Deshalb komme es auch zu "relativ absurden Ergebnissen", so dass angeblich weniger Sozialwohnungen in NRW fehlten als in Sachsen.
Valide Zahlen zu Sozialwohnungen seien kaum zu kriegen, so der Ökonom Martin Gornig vom DIW, da sie sich nur schwer abgrenzen ließen von den Gesamtzahlen der Wohnungen - etwa wegen auslaufender Preisbindung. Und beim Statistischen Landesamt IT.NRW wartet man auf die neuen Zahlen aus dem letzten Mikrozensus, die im Frühjahr kommen sollen.
Rückläufiger Trend und große Versprechen
Laut einer theoretischen Modellrechnung der NRW-Bank würde der Bestand an preisgebundenen Mietwohnungen ausgehend vom Bestand 2022 bis zum Jahr 2030 um 41,7 Prozent zurückgehen - wenn in den kommenden Jahren keine neuen Wohnungen gefördert würden. Jede neu geförderte Wohnung ist also wichtig, um das Abschmelzen zu verringern.
Die Zahl der Sozialwohnungen nimmt seit vielen Jahren deutschlandweit ab. Gab es in der alten Bundesrepublik noch fast vier Millionen Sozialwohnungen, waren es 2020 nur noch rund 1,13 Millionen. In Nordrhein-Westfalen wurden im Jahr 2007 noch mehr als 700.000 Sozialwohnungen gezählt.
An politischen Versprechen mangelt es nicht. Die Ampelregierung im Bund war mit dem Ziel gestartet, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, 100.000 davon Sozialwohnungen. Doch diese Zahlen wurden bisher nicht annähernd erreicht. Schwarz-Grün in NRW kündigte im Koalitionsvertrag von 2022 "mindestens 45.000 neue mietpreisgebundene Wohneinheiten bis 2027" an. Doch neu bewilligt wurden im Jahr 2022 in NRW nur 3.631 Sozialwohnungen.