Ab jetzt: Mehlwürmer im Brot
Aktuelle Stunde . 10.02.2025. 22:42 Min.. UT. Verfügbar bis 10.02.2027. WDR. Von Andreas Hodapp.
In Käse, Brötchen, Burger darf UV-belichtetes Mehlwurmpulver drin sein
Stand: 10.02.2025, 15:47 Uhr
Heute tritt eine neue EU-Verordnung in Kraft, die die Verwendung von Mehlwurmpulver, das mit UV-Licht behandelt wurde, in Lebensmitteln erlaubt. Zunächst gilt das nur für ein französisches Unternehmen.
"Für mich soll's Kakerlaken regnen, Mehlwürmer sollen mir ständig begegnen" - so sang der Moderator Jörg Dahlmann vor Kurzem noch - frei nach Hildegard Knef - aus Freude über seine Nominierung zum Dschungelcamp. Doch auch außerhalb des Dschungels könnten Verbraucher bald noch häufiger auf die Larven des Mehlkäfers treffen – und zwar in einer Vielzahl von Lebensmitteln.
Pulver aus Mehlwürmern, das vorher mit UV-Licht bestrahlt wurde, darf künftig in Brot und Brötchen, Kuchen, Erzeugnissen aus Teigwaren, Kartoffelprodukten, Käse und Käseprodukten sowie Obst- und Gemüsekompott verarbeitet werden.
Verwendung des Pulvers ist unbedenklich
Das ist neu, denn Mehlwurmpulver ohne Bestrahlung wird schon länger für die Herstellung von Lebensmitteln verwendet. Insekten wie Mehlwürmer gelten als sogenanntes"Superfood": Sie enthalten viel Eiweiß, hochwertige ungesättigte Fettsäuren und Ballaststoffe.
Entwickelt hat diese Idee mit der UV-Licht-Bestrahlung das französische Unternehmen Nutriearth, das sich auf die Anreicherung von Lebensmitteln für Menschen und Tiere mit Vitamin D spezialisiert ist. Durch die Belichtung mit UV-Licht steige der Vitamin-D-Gehalt im Mehlwurmpulver, so die Firma. 2019 hatte Nutriearth die Zulassung dieses UV-belichteten Wurmpulvers beantragt.
Ein Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ergab dann, dass die Verwendung unbedenklich sei. Die Zulassung gilt zunächst allerdings nur für Nutriearth und ist zunächst auf fünf Jahre begrenzt. Aber ist die Idee gut? Und was gilt es zu bedenken?
Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wird Mehlwurmpulver bereits in Lebensmitteln verwendet?
Bereits 2021 wurde Tenebrio molitor (Gelber Mehlwurm) von der Europäische Kommission und den Mitgliedsstaaten als grundsätzlich sicheres neuartiges Lebensmittel eingestuft. Die getrocknete Larve des Mehlkäfers wurde als sogenanntes "Novel Food", also als "Neuartiges Lebensmittel" zugelassen. Als "neuartige Lebensmittel" gelten laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) Nahrungsmittel, die vor dem 15. Mai 1997 kaum verzehrt wurden.
Aufgrund dieser Zulassung darf die getrocknete Larve seither als Ganzes oder gemahlen verkauft werden. Bis zu einem Anteil von zehn Prozent kann sie außerdem als Zutat in verschiedenen Lebensmitteln eingesetzt werden, beispielsweise in Nudeln oder Keksen. Hausgrillen, Larven des Getreideschimmelkäfers und die Wanderheuschrecke sind in der EU ebenfalls schon länger zum Verzehr zugelassen.
Warum wird Mehlwurmpulver zur Herstellung von Lebensmitteln verwendet?
![Eine Schale mit Heuschrecken, Mehl- und Buffalowürmern auf Salat | Bildquelle: imago images/mhphoto Eine Schale mit Heuschrecken, Mehl- und Buffalowürmern auf Salat](http://www1.wdr.de/lokalzeit/landwirtschaft/insekten-als-lebensmittel-essen-108~_v-ARDAustauschformat.jpg)
Yummy: Heuschrecken, Mehl- und Buffalowürmer an Salat
Die Idee dahinter ist, dass Insektenmehl für den Menschen ein nachhaltiger Weg sein kann, um an Nährstoffe zu kommen, die man sonst nur durch den Verzehr von Fleisch oder Milchprodukten aufnimmt. Wichtige im Insektenpulver enthaltene Nährstoffe sind beispielsweise Vitamin B12, Eisen und Omega-3 Fettsäuren.
In keinem Fall werde das Insektenpulver genutzt, um Lebensmittel billig zu strecken, erklärt Nina Kunze aus der ARD-Wissenschaftsredaktion. Im Gegenteil: Produkte mit Insektenmehl seien sogar teurer. Deswegen seien sie bislang auch kaum in Supermärkten zu finden, weil sich der Verkauf nicht wirklich lohne. Zu bekommen sind solche Lebensmittel bislang eher im Internet.
Warum wird das Mehlwurmpulver jetzt mit UV-Licht behandelt?
Neu ist jetzt, dass das Mehlwurmpulver mit UV-Licht behandelt wird mit dem Ziel, den Vitamin-D-Gehalt im Pulver zu erhöhen. Ob das unbedingt notwendig ist, hält Kunze für fraglich. Denn: Laut der europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, die das Produkt geprüft hat, stellt das Mehlwurmpulver keine wesentliche Vitamin-D-Quelle dar. Nach der neuen EU-Verordnung dürfen Lebensmittel bis zu vier Gramm von diesem neuen Mehlwurmpulver pro 100 Gramm enthalten. Kunze erklärt, dass damit gerade mal ein Sechstel des Tagesbedarfs von Personen mit Vitamin-D-Mangel gedeckt sei.
Die europäische Lebensmittelbehörde hat außerdem festgestellt, dass es noch andere Lebensmittel gibt, die jetzt schon mit UV-Licht behandelt werden. Milch, Hefe oder auch Pilze - hier soll die UV-Licht Behandlung ebenfalls den Vitamin-D-Gehalt erhöhen, aber auch Keime abtöten.
Wie erkennt man, dass Mehlwurmpulver in einem Lebensmittel enthalten ist?
![In Salz gebratene Wander-Heuschrecken | Bildquelle: picture alliance / HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com In Salz gebratene Wander-Heuschrecken](/radio/wdr5/sendungen/neugier-genuegt/insekten-pfanne-100~_v-ARDAustauschformat.jpg)
In Salz gebratene Wanderheuschrecken
Wer jetzt befürchtet, Insekten untergejubelt zu bekommen, ohne es zu wissen, kann beruhigt sein: Wenn Insektenmehl in einem Produkt enthalten ist, muss das laut Verordnung gekennzeichnet sein, sagt Kunze. Auch deshalb, weil das Pulver Allergien auslösen kann - zum Beispiel bei Menschen, die gegen Krebstiere oder Hausstaubmilben allergisch sind. Wenn ein Nahrungsmittel Mehlwurmpulver enthält, muss das also laut EU-Verordnung unter den Inhaltsstoffen aufgelistet sein - als "UV-behandeltes Larvenpulver".
In der Regel sei das aber ohnehin unübersehbar: Wenn Hersteller Mehlwurmpulver verarbeiten, würden sie auf der Verpackung eigens damit werben, sagt Kunze - als Marketing-Highlight sozusagen. Meist würde das sogar schon aus dem Produktnamen ersichtlich - aber auch durch Bilder und andere Hinweise auf der Verpackung.
Unsere Quellen:
- Materal der Nachrichtenagentur dpa
- Website des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
- Homepage des Unternehmens Nutriearth
- Nina Kunze aus der ARD-Wissenschaftsredaktion
- Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 10.02.2025 auch im Fernsehen: Aktuelle Stunde, 18:45 Uhr.