München, 16. Februar 2024: Mit Tränen in den Augen, aber gefasst, trat Julija Nawalnaja vor die 60. Sicherheitskonferenz und forderte - falls sich die Befürchtungen bewahrheiten sollten - Bestrafung für diejenigen, die den Tod ihres Mannes zu verantworten haben. Sie nannte wörtlich den russischen Präsidenten Putin, "sein Umfeld, seine Regierung, seine Freunde". Sie müssten sich bald verantworten, so Nawalnaja.
Russische Behörden halten Leichnam zurück
Der größte politische Rivale Wladimir Putins ist wohl tot. Nawalnys Mutter Ljudmila reiste umgehend mit ihrem Anwalt zur berüchtigten Strafkolonie "Polarwolf". Ihr wurde verweigert, den Leichnam ihres Sohnes zu sehen. Der 47-Jährige sei nach einem Spaziergang bewusstlos geworden und gestorben, hieß es. Nawalny sollte in dem 1900 Kilometer nordöstlich von Moskau gelegenen Gefängnis eine drei Jahrzehnte dauernde Haftstrafe verbüßen.
Witwe beklagt das Verwischen von Spuren
Bis heute halten sich die russischen Behörden bedeckt bei der Aufklärung der Ursachen für den überraschenden Tod des Oppositionellen. Die Ermittler könnten nicht sagen, wann die Untersuchungen abgeschlossen sein werden. Seine Witwe sagte, man halte den Leichnam zurück, bis keine Spuren des Nervengifts Novitschok mehr nachzuweisen seien.
Beobachter: Nawalny war präsent, sein Tod kein Zufall
Beobachter vermuten, der Todeszeitpunkt sei kein Zufall. Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte, Putin habe eine klare Botschaft an die Sicherheitskonferenz übermittelt, indem er einen russischen Oppositionellen ermordet habe: "Putin ist eine Gefahr für alle freien Nationen." Die Gründerin der Menschenrechtsorganisation Memorial, Irina Scherbakowa, fügte hinzu, gerade der Humor Nawalnys, den er noch am Tag vor der Todesnachricht gezeigt habe, mache alles so unglaubwürdig.
Weltweite Trauer, Verhaftungen in Russland
Weltweit trauerten Menschen, gingen auf die Straßen und legten Blumen nieder. In Russland gingen Einsatzkräfte gegen Teilnehmer von Gedenkveranstaltungen vor. Menschenrechtsaktivisten sprachen von mindestens 400 Festnahmen in 36 Städten. Laut Nachrichtenagentur AFP sollen Gerichte mehr als 150 Menschen wegen Verstosses gegen Versammlungsgesetze verurteilt haben. Strafe: bis zu zwei Wochen ins Gefängnis. Auch in NRW gab es am Wochenende Mahnwachen. Für viele war der Putin-Gegner eine Symbolfigur des Widerstands.
Bundesregierung bestellt russischen Botschafter ein
Die Bundesregierung bestellte den russischen Botschafter ein. Es sei erschütternd, dass Präsident Wladimir Putin versuche, die eigene Bevölkerung mundtot zu machen, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes am Montag in Berlin. Der russische Regierungsprecher Dmitri Peskow wertete die Empörung vieler westlicher Staaten über den plötzlichen Tod Nawalnys als "abstoßend". Die Kritik werde Präsident Wladimir Putin aber nichts anhaben können, hieß es.
EU setzt Signal der Unterstützung
Die EU-Außenminister luden die Witwe Nawalnys ein. Der Außenbeauftragte Josep Borrell sprach davon, ein „ein starkes Signal der Unterstützung für die Freiheitskämpfer in Russland zu senden“. EU-Ratspräsident Charles Michel will Julia Nawalnaja ebenfalls empfangen.
Die Witwe kämpft weiter
Julia Nawalnaja hat ihre Entscheidung getroffen: Sie will das schwere Erbe ihres Mannes antreten. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin warf sie vor, ihren Mann getötet zu haben, weil er Nawalny nicht habe brechen können. Sie werde das Werk ihres Mannes fortführen und für ein freies Russland kämpfen.