Seniorin in Hennef vergewaltigt: Pfleger zu langer Haft verurteilt

Lokalzeit aus Bonn 11.03.2025 00:44 Min. Verfügbar bis 11.03.2027 WDR

Seniorin in Hennef vergewaltigt: Pfleger zu langer Haft verurteilt

Stand: 11.03.2025, 18:54 Uhr

Das Bonner Landgericht hat einen Pfleger u. a. wegen erpresserischen Menschenraubes zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Von Christoph Hensgen

Der 30-Jährige hatte gestanden im vergangenen August in Hennef eine 81-jährige Frau in ihrem Haus in Hennef überwältigt, sie ausgeraubt, geschlagen und schließlich vergewaltigt zu haben.

Eine Agentur für Pflegekräfte hatte den Mann an das spätere Opfer vermittelt. Er sollte sich um den bettlägerigen Ehemann der Seniorin kümmern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Mann überrascht Ehepaar im Schlaf

Es geschah in der Nacht zum 2. August 2024. Das spätere Opfer hatte dem Mann laut Staatsanwaltschaft einen Schlüssel unter die Fußmatte gelegt. Der Mann war über eine Agentur für Pflegekräfte an die 81-Jährige vermittelt worden. Er sollte den bettlägerigen Mann der Seniorin pflegen. Als der Mann um kurz nach Mitternacht das Haus des Ehepaares in Hennef betrat, so die Anklage, überraschte er das Ehepaar im Schlaf.

Seniorin im Schlaf überrascht und an Stuhl gefesselt

Er soll die Frau gepackt, mit Seilen und Klebeband an einen Stuhl gefesselt und ihr den Mund zugeklebt haben. Danach durchsuchte er laut Staatsanwaltschaft das Haus nach Wertgegenständen. Er fand 400 Euro in bar, Schmuck im Wert von 7000 Euro und zwei EC-Karten der 81-Jährigen. Die dazugehörige PIN verriet ihm die Seniorin, weil der Eindringling ihr mehrfach ins Gesicht geschlagen haben soll.

Mit den Geheimzahlen, so der Vorwurf, ließ er sein Opfer gefesselt zurück und fuhr mit einem Taxi zu einem Geldautomaten. Dort hob er 1500 Euro ab. Anschließend, so die Staatsanwaltschaft, fuhr er zurück zu seinem Opfer und vergewaltigte es.

Drei Stunden nachdem er das Haus des Ehepaares betreten hatte, flüchtete der Mann. In einem Taxi, so steht es in der Anklage, ließ er sich nach Berlin fahren. Die Rechnung in Höhe von 1.700 Euro zahlte er vorab - mit einer der EC-Karten des Hennefer Paares.

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Angeklagter tappte in Polizei-Falle

Als er Wochen später mit gefärbten Haaren und anderer Frisur erneut einen Job als Pfleger bei Senioren antreten wollte, wurde der nun Verurteilte am Kölner Hauptbahnhof festgenommen. Es war ein fingiertes Job-Angebot. Die Polizei hatte dem 30-Jährigen zusammen mit der Agentur, die ihn im vergangenen August nach Hennef vermittelt hatte, eine Falle gestellt.

Tatsächlich glaubte auch die Bonner Staatsanwaltschaft an ein - so wörtlich - "Geschäftsmodell" des Verurteilten. Der Mann aus Polen soll immer wieder für sehr kurze Zeit als Hilfspfleger in Deutschland gearbeitet haben, um seine betagten Opfer auszunehmen. Dazu soll er Alias-Personalien und gefälschte Dokumente verwendet haben.

Schon in seinem Heimatland Polen war der Verurteilte für verschiedene, teils schwerwiegende Strafteten wie zum Beispiel Raub zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Und auch in Deutschland soll er vor seiner Festnahme bei Polizei und Justiz bereits mehrfach aktenkundig geworden sein, weil er pflegebedürftige Menschen bestohlen haben soll.

Tat hat dramatische Folgen für das Ehepaar

Die Tat hat das Leben des Opfers zerstört. Die 81-jährige Frau war psychisch nicht mehr in der Lage, das Haus, in dem sie jahrelang mit ihrem Mann gelebt hatte, zu betreten. Es wurde verkauft. Jetzt lebt das Ehepaar in zwei getrennten Heimen.

Im Prozess hatte der Mann die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft größtenteils zugegeben und damit dem Opfer eine erneute Aussage als Zeugin erspart. Er ist schuldfähig: Ein Gutachter war zu dem Schluss gekommen, dass auch der Konsum von Alkohol oder Schmerzmitteln keine herausragende Rolle bei der Tat gespielt hätte.

Staatsanwaltschaft forderte Sicherungsverwahrung

Die Verteidigung hatte neun Jahre Haft für angemessen gehalten. Die Staatsanwaltschaft hatte sogar zwölf Jahre Haft und die Verhängung einer anschließenden Sicherungsverwahrung gefordert. Dann hätte der Verurteilte weder eine vorzeitige Entlassung beantragen können, noch wäre er nach Ablauf seiner Haftstrafe sofort auf freien Fuß kommen.Darüber würde eine entsprechende Kommission in regelmäßigen Abständen entscheiden.

Doch ein Gutachter hatte im Strafprozess bei dem Mann keinen Hang zu so schweren Straftaten festgestellt, dass von ihm eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Bonner Landgericht
  • Staatsanwaltschaft Bonn