Der weiße Transporter einer Baufirma steht an der Ampel und wartet im morgendlichen Stau auf der Konrad-Adenauer-Allee. Drinnen ärgert sich Dieter Bergmeister und wird deutlich: "Dieser Verkehrsversuch ist im Berufsverkehr scheiße. Morgens und abends hat es sich schon bei vier Spuren oft gestaut." Jetzt aber gibt es für Autos und Lastwagen nur noch eine Spur je Richtung.
Testphase dauert drei Monate
Das zeigen die dicken, gelben Fahrbahnmarkierungen an, die inzwischen auf den rund 3,5 Kilometern der Adenauerallee zwischen Bundeskanzlerplatz und Koblenzer Tor aufgebracht sind. Damit gibt es mehr Platz für Fahrradfahrer, dafür weniger für den motorisierten Verkehr. Von März bis Mai will die Stadt Bonn in dem Verkehrsversuch herausfinden, welche Auswirkungen die neue Straßeneinteilung hat.
Fahrradfahrer haben mehr Platz
Viele Fahrradfahrer sind begeistert. In den meisten Bereichen sind die Radspuren jetzt mit 2,70 Meter fast doppelt so breit wie früher. Die Lehrerin Lena G. ist gerade auf dem Weg zur Schule und schwärmt: "Ich finde es super, weil ich eigentlich nur mit dem Fahrrad unterwegs bin. Gerade nachmittags, wenn der Feierabendverkehr kommt, war es immer supervoll, so dass man mit dem Fahrrad oft gar nicht an den Autos vorbeikam."
Oft habe sie deshalb auf den Bürgersteig ausweichen oder absteigen müssen, um sich an den Fahrzeugen vorbeizuschlängeln. Für die Fahrradfahrer seien die breiteren Fahrspuren in beiden Richtungen eine deutliche Erleichterung, sagt Lena. Auch wenn sie einräumt: "Ich weiß, das ist hier super umstritten."
Verkehrsversuch hitzig diskutiert
Im Vorfeld hatte es viel Kritik am Verkehrsversuch gegeben. Beim Einzelhandelsverband Bonn/Rhein-Sieg befürchtet man unter anderem negative Folgen für die Attraktivität der Stadt. Die Handwerkskammer zu Köln nennt es eine "Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Bonn", sollte die Adenauerallee für Autos dauerhaft in beide Richtungen nur noch einspurig befahrbar sein.
Und auch viele Bonner Autofahrer sind genervt. So nennt auch Irina S. den Verkehrsversuch "bescheuert". Sie glaubt, jetzt gebe es "wahnsinnige Staus und das auch in den Nebenstraßen". Sie kritisiert, dass die Radwege im Gegensatz zu den Autospuren von wesentlich weniger Menschen genutzt würden: "Da muss man sich doch wirklich überlegen, was eine angemessene Straßenführung ist."
Entscheidung fällt nach Versuch
Zumal Kritiker einwerfen, dass es auf zwei Parallelstraßen nicht weit von der Adenauerallee entfernt schon breite Radspuren gibt. Die Stadt Bonn will nach dem Verkehrsversuch entscheiden, wie es weitergeht. Im Sommer muss die Adenauerallee aufwendig saniert werden. Danach wird der Verkehrsraum dauerhaft neu aufgeteilt. Möglicherweise dann für immer mit mehr Platz für Radler und weniger für Autos.