Grüner Strom für Industrie-Betrieb in Hagen-Hohenlimburg
Stand: 03.06.2024, 16:24 Uhr
Zum ersten Mal bundesweit bekommt in Hagen ein Stahlbetrieb per Direktleitung Strom von Windrädern. Bei Thyssenkrupp Steel in Hohenlimburg kann so der Strombedarf für das energie-intensive Walzwerk zu 40 Prozent gedeckt werden.
Für ThyssenKrupp und seine Stahlsparte ist das eines von vielen Projekten um auf grünen Strom zu setzen. Allerdings hat der Erbauer der Windräder für die Genehmigung 14 Jahre gebraucht. Jetzt ist das Projekt allerdings vorbildlich für viele andere Industriebetriebe, die ihren Strom direkt von einem Windpark beziehen wollen.
Stahlwerk einzigartig in Europa
Stahlrollen auf dem Werksgelände von thyssenkrupp in Hagen-Hohenlimburg
Das Walzwerk in Hagen verbraucht viel Energie. Wenn Gäste an den Stahlrollen draußen auf dem Werksgelände vorbeilaufen, dann schlägt ihnen eine Hitzewelle entgegen. Dabei sind die Rollen aus dünnen Stahlbändern schon abgekühlt. Am Anfang der zwei Fußballfelder großen Industriehalle kommen dicke Stahlbrammen an, die erhitzt werden.
Und dann geht’s weiter zu den Walzen. Die rotglühenden Brammen laufen da durch die Walzen. Und der Stahl wird zu einem langen, langen Band teilweise millimeterdünn gewalzt. Eine Spezialität in Hagen-Hohenlimburg ist die Verarbeitung des so genannten Mittelbandes. Und in Europa ist es das einzige Stahlwerk, das so etwas in dieser Präzision herstellen kann.
Strom über eigene Leitung aus dem Windpark
Knapp tausend Mitarbeiter sind in dem Hagener Thyssenkrupp-Werk beschäftigt. Sie liefern der Automobilindustrie zu, für Federn, für Bremsscheiben, die Sägeindustrie und dem Landmaschinenbau. Vor dem Endprodukt müssten die Brammen heiß werden, das wird mit Erdgas gemacht. Aber der hohe Druck beim Walzen, die Rollen, alles Bewegliche, dafür braucht es 110 Gigawattstunden Strom pro Jahr.
Hört sich viel an, ist auch viel. Die benachbarte Stadt Iserlohn könnte damit ihren Strombedarf etwa zehn Monate lang decken. Mit den neuen vier Windrädern, 160 Meter hoch, drei Kilometer entfernt, können jetzt 40 Prozent des Strombedarfs im Walzwerk abgedeckt werden.
Und zwar über eine eigene Leitung. Das öffentliche Netz wird nicht belastet. Das Stromnetz ist aber weiterhin notwendig, wenn der Wind mal nicht weht. Das ist aber auf dem bewaldeten Hügel nebenan selten der Fall. Da oben ist eigentlich fast immer Wind.
Der Betreiber aus Gladbeck bekam viel Gegenwind
Klagen gegen Windräder beschäftigten auch das OVG
Die Windräder werden vom Gladbecker Unternehmen SL-Naturenergie gebaut und betrieben. Der Chef stand in Hagen schon vor 14 Jahren auf der Matte. Lasst uns Windräder im Nutzwald bauen. Der Widerstand war immens, nicht nur in Hagen. Gegen das Vorhaben ist bis vor das Oberverwaltungsgericht in Münster geklagt worden.
Die Umweltgruppen wie der NABU waren dagegen, weil der Rotmilan hier lebt und seinen Lebensraum braucht. Alle Einwände hat der Betreiber aus Gladbeck aufgearbeitet und berücksichtigt und am Ende vor dem Oberverwaltungsgericht Recht bekommen. Aber es hat 14 Jahre gedauert. Vor knapp zwei Jahren entstand dann die Idee, direkt mit dem Werk von Thyssenkrupp in Hagen-Hohenlimburg zusammenzuarbeiten. Und jetzt ist die Windrad-Direktleitung fertig.
Heute ist das Projekt gestartet. Grüner Windstrom wird jetzt über eine direkte Stromleitung an das Stahlwerk von Thyssenkrupp in Hagen geliefert. Bundesweit ist es das erste Industrieprojekt dieser Art.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 03.06.24 auch im Fernsehen in der Lokalzeit Dortmund.