Rathaus Kalkar von oben mit umgebenden Häusern

Stadtrat in Kalkar lehnt Benimmregeln überraschend ab

Stand: 13.09.2024, 13:03 Uhr

Der Stadtrat von Kalkar hat den viel diskutierten Benimmkodex gestern Abend abgelehnt. Dieser enthält Regeln wie: Wir hören uns zu, bleiben sachlich, diskriminieren nicht und antworten wahrheitsgemäß.

Von Ralf Lachmann

Nachdem eine Woche zuvor der Haupt- und Finanzausschuss sich mehrheitlich für den Benimmkodex ausgesprochen hatte, ging Kalkars Bürgermeisterin davon aus, dass nun auch die Zustimmung im Rat reine Formsache wäre. Der Kodex würde helfen, dass man den guten gemeinsamen Umgangston auch künftig beibehalten würde, betonte sie nochmals im Stadtrat.

Kurze Debatte im Stadtrat Kalkar

Dann meldeten sich doch noch einige Ratsleute zu Wort. Sie argumentierten, der Kodex enthielte Selbstverständliches, man brauche ihn also nicht. Auch in der Geschäftsordnung des Rates stehe doch schon alles Nötige drin. Und ein Ratsherr meinte, die Stadtverwaltung habe außerdem den Rat nicht zu maßregeln.

Auch Bürger hätten spöttisch reagiert, erzählte ein weiterer Ratsherr, und ihn gefragt: "Was ist da bei euch los? Und habt ihr nichts Besseres zu tun?"

6 Ja- und 9 Neinstimmen bei 16 Enthaltungen

Nach diesem Votum war Kalkars Bürgermeisterin sichtlich überrascht. Sie und ihre Verwaltung hatten den Benimmkodex vorgeschlagen - und das alles hatte hohe mediale Wellen geschlagen.

In dem Benimmkodex steht zum Beispiel: Man solle sein Gegenüber und andere Meinungen respektieren, jeden ausreden lassen, sachlich bleiben, nicht diskriminieren und wahrheitsgemäß antworten. Mehrere andere Kommunen sollen bereits im Kalkarer Rathaus angerufen und sich nach dem Kodex erkundigt.

In einer früheren Fassung hatten wir fälschlicherweise geschrieben, dass der Stadtrat die Benimmregeln angenommen hatte. Das wurde korrigiert.

Benimmkodex für Kalkars Stadtrat abgelehnt

WDR Studios NRW 13.09.2024 00:40 Min. Verfügbar bis 13.09.2026 WDR Online


Haupt-und Finanzausschuss hatte Kodex zugestimmt

Dabei hatte der Haupt- und Finanzausschuss in der Woche zuvor den neuen Benimmkodex zugestimmt. Allerdings nach einer kurzen, sehr kontroversen Diskussion. Die Teilnehmer am Donnerstagabend (05.09.) erlebten eine aufgewühlte Bürgermeisterin. Es gab mehrere Enthaltungen bei der Abstimmung und sogar einen Fingerzeig zum Pressetisch. Von dort sei der Stadtrat ins falsche Licht gerückt worden, empörten sich Bürgermeisterin Britta Schulz und weitere Ratsmitglieder.

Benimmregeln für den Stadtrat

Aktuelle Stunde 06.09.2024 12:03 Min. UT Verfügbar bis 06.09.2026 WDR Von Birgit Grigo

Ein Vorwurf, den der angesprochene Zeitungsjournalist aber nicht auf sich sitzen ließ.  

"Landesweiter medialer Hype – Zeitungsente“

"Als würde man im Stadtrat rumpöbeln", echauffierte sich Britta Schulz über einen Zeitungsbericht und das mediale Echo darauf. "Von Pöbeleien kann keine Rede sein - das ist eine Zeitungsente, die mich sehr geärgert hat!", sagte die Bürgermeisterin.

Sie räumte jedoch ein: Klar, sei es früher auch mal rauer in Sitzungen zugegangen. Indes hätte sich aber alles eingespielt, die 32 Ratsmitglieder kämen miteinander klar. Und damit das so bleibt, könne der Kodex doch nur hilfreich sein.

Ein Ratsherr meinte, landesweit habe Kalkar für Negativschlagzeilen gesorgt und dies - seiner Meinung nach - zu Unrecht. Dabei wies er hinten in den Ratssaal, auf einen Zeitungsreporter am Pressetisch.  

Lokalzeitungsjournalist sieht das anders

Der angesprochene NRZ-Journalist Andreas Gebbink, der über Jahre Kalkarer Ratssitzung miterlebt hat, sagte dem WDR

Es gab hier verdammt viele Sitzungen, wo man sich hier als Medienvertreter echt an den Kopf fassen muss, wie hier diskutiert wird. Und das wollen die jetzt alle nicht wahrhaben, weiß ich nicht, warum nicht. Andreas Gebbink, NRZ-Journalist

Aber man könne das ja dokumentieren. Schließlich sei man dabei und es sei im Archiv der NRZ auch nachzulesen.       

Kodex geht auf Körber-Stiftung zurück

Der Kodex für Kalkar ist der Körber-Stiftung entnommen. Sie sitzt in Hamburg und hat das Leitmotiv "Die Gesellschaft besser machen". Nach Angaben der Stiftung soll der Kodex für "eine gute Diskussionskultur in Gemeinderäten sorge." 

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • NRZ-Journalist
  • Haupt- und Finanzausschuss Kalkar
  • Stadtratsitzung

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