Diskutiert wird über die allgemeine Impfpflicht schon seit Monaten. Jetzt gibt es aber nach und nach konkrete Vorschläge, wie ein solches Gesetz aussehen könnte. Anfang Februar legten Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP ein Eckpunktepapier für eine Impfpflicht ab 18 Jahren vor.
Auch die Unionsfraktion im Bundestag hat mittlerweile einen Vorschlag für eine Corona-Impfpflicht erarbeitet. Demnach soll der "Impfmechanismus", wie die CDU- und CSU-Politiker es nennen, erst greifen, wenn sich die Corona-Lage weiter verschärft.
Eines haben die unterschiedlichen Ideen gemeinsam: Um das Gesetz durchzusetzen, muss die Impfpflicht kontrolliert werden. Und da liegt das Problem. Denn schon mehrere Behörden und Einrichtungen haben angekündigt, genau das nicht zu machen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Maria Klein-Schmeink, sieht darin aber kein Hindernis für eine allgemeine Impfpflicht.
Ordnungsämter und Polizei wollen die Impfpflicht für alle nicht kontrollieren. Wie wirksam kann die allgemeine Impfpflicht da sein?
Maria Klein-Schmeink: Grundsätzlich haben wir in Deutschland viele Gesetze, die mit einem Bußgeld geahndet werden, wenn ich dagegen verstoße. Wir können aber davon ausgehen, dass der größte Teil seiner Pflicht nachkommt. Gleichzeitig könnten wir uns die Debatte um eine Impfpflicht sparen, wenn von sich aus genügend Menschen dafür Sorge tragen würden, dass sie sich impfen lassen und dazu beitragen, dass unser Gesundheitswesen nicht erneut in die Knie geht.
Bei uns in Münster zum Beispiel ist die Impfrate sehr hoch. Es geht also um nicht so große Bevölkerungsanteile. Vorgeschaltet vor jede Impfpflicht wird eine weitere Impfkampagne und es wird Möglichkeiten geben, sich beraten zu lassen. Das sehen ja auch die Gruppenanträge vor.
Wenn die Maßnahmen aber nicht fruchten, welche Sanktionen soll es aus Ihrer Sicht geben, wenn sich jemand nicht impfen lassen will?
Klein-Schmeink: Das wird sich an dem orientieren, was wir schon von der Masernimpfpflicht kennen. Einige der Gruppenanträge sprechen auch von einem niedrigen dreistelligen Betrag als Bußgeld. Wenn ich mich im Auto verkehrswidrig verhalte, muss ich das Bußgeld ja auch zahlen. Instrumente wie Erzwingungshaft sollen nicht zur Anwendung kommen, das haben alle immer wieder betont.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sieht angesichts der Debatte um die Umsetzung der Impfpflicht für die medizinischen und Pflegeberufe kein gutes Vorzeichen für die allgemeine Impfpflicht. Wie schätzen Sie die Stimmung ein?
Klein-Schmeink: Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wird stark verkannt, dass es dabei ja um den Schutz von Menschen geht. Wir haben in den letzten zwei Jahren erlebt, dass es extrem viele zusätzliche Tote gab, vermeidbare Todesfälle. Das hing auch damit zusammen, dass die Schutzmechanismen nicht genügend ausgeprägt waren.
Deshalb waren sich alle Fraktionen außerhalb der AfD im Bundestag einig, dass dieser Schutz vWas erstärkt werden muss. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Regelung zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht von den Ländern angestoßen wurde. Wir als Bund wurden gebeten, unverzüglich eine solche Regelung gesetzlich zu verankern, das ist im Bundesrat mit 16:0 Stimmen bestätigt worden. Daher kann ich das Hin und Her aus Bayern, wo Wahlkampf ist, nicht gut ertragen.
Ein übergroßer Anteil der Beschäftigen in den Pflegeeinrichtungen ist ja auch geimpft. Dies wissen wir von den Einrichtungen. Die geltende Rechtslage gilt es ab dem 15. März nachzuweisen. Keine Einrichtung des Gesundheitswesens und der Behindertenhilfe kann dann ungeimpfte Menschen einstellen. Dann verstoßen sie gegen geltendes Recht. Dass die ungeimpften Menschen in andere Bundesländer zum Arbeiten gehen, ist dann auch einfach nicht möglich.
Die Omikron-Welle ist jetzt wohl auf dem Höhepunkt. Kommt da eine allgemeine Impfpflicht nicht ohnehin zu spät?
Klein-Schmeink: Es ist ja von vornherein gesagt worden, dass die Impfpflicht uns in der Bewältigung der jetzigen Omikronwelle nicht mehr helfen kann. Es ist aber auch klar, dass wir stark damit rechnen müssen, dass es im Herbst die gleiche Lage wieder geben wird. Wir müssen damit rechnen, dass das Virus sich so verändert, dass wir erneut in eine Gefährdungslage kommen.
Wenn wir aus diesem Strudel raus wollen, immer wieder Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die in das Leben aller Menschen eingreifen, dann ist es wichtig, jetzt die Entscheidung zu treffen, damit wir rechtzeitig vor dem nächsten Herbst eine Impfpflicht zum Tragen bringen können. Wir müssen hier einfach einen Schritt weiter kommen, um eben die nötige Grundimmunisierung zu haben. Dann können wir uns mehr Freiheit für alle erlauben.
Ihre Prognose: Wird es eine allgemeine Impfpflicht geben?
Klein-Schmeink: Wir haben verschiedene Anträge im Bundestag vorliegen. Wir werden sehen, wie sich das in den Debatten fortsetzt. Ich gehe davon aus, dass wir einen Grundkonsens finden werden und ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass wir am Ende bei einer allgemeinen Impfpflicht landen werden.