Impfungen gehören zu den erfolgreichsten medizinischen Maßnahmen der Menschheitsgeschichte: Sie haben Krankheiten wie die Pocken, Diphterie oder Kinderlähmung ausgerottet. Dennoch gibt es Impfskepsis, Impfmüdigkeit und Impfgegner.
Bei Facebook gibt es Gruppen wie "Wir lassen uns niemals gegen Corona impfen" oder "Opfer der Corona-Impfung". Hier tauschen sich Menschen über ihre Ängste und Erfahrungen aus und sie verlinken fleißig Artikel - seriöse und dubiose.
Gabriel: Soziale Netzwerke Gefahr für Erfolg der Corona-Impfungen
"Die sozialen Netzwerke können den Impfstoff diskreditieren", sagt der Philosoph Markus Gabriel. Der Austausch in solchen Netzen sei eine große Gefahr für den Erfolg der Corona-Impfungen, so der Professor der Uni Bonn. Es werde das Gerücht verbreitet, dass der Impfstoff gesundheitliche Risiken berge. Gabriel wünscht sich eine noch bessere Kommunikation der Politik und der Wissenschaft sowie eine "Informationsoffensive der seriösen Qualitätsmedien".
Emotionen erst nehmen
Wichtig sei, dass die Menschen wieder Vertrauen fassen, sagt die US-amerikanische Wissenschaftlerin Heidi Larson, die seit 20 Jahren zum Thema Impfskeptiker und deren Mythen forscht. "Man muss den Leuten wirklich zuhören und darf sie nicht als Ignoranten abtun. Wenn Menschen angstvoll auf die Folgen von Impfungen schauen, spielen Emotionen eine große Rolle", sagt die Anthropologin, die mit ihrem "Vaccine Confidence Project" dafür sorgte, dass die Weltgesundheitsorganisation Impfscheu heute zu den größten Bedrohungen weltweit zählt.
Tendenz: Mehr Impfbereitschaft
Emotionen spielen beim Impfen eine große Rolle, weiß auch Dr. Cornelia Betsch von der Philosophischen Fakultät der Universität Erfurt: "Wir glauben eher Geschichten als nüchternen Fakten. Selbst wenn wir versuchen, uns innerlich zu distanzieren."
Laut jüngsten Erhebungen des Projektes COSMO, das Betsch leitet, würden sich derzeit 56 Prozent (eher) gegen COVID-19 impfen lassen. Damit ist die Impfbereitschaft seit Anfang Dezember 2020 deutlich gestiegen (48%).
Lernen aus der Geschichte
Impfskepsis gibt es seit der ersten Impfung vor rund 220 Jahren. Die Menschen hätten sich aber erst gegen das Impfen gewehrt, als es zur Pflicht wurde, sagt Dr. Karen Nolte, Professorin vom Institut für Medizin und Ethik an der Universität Heidelberg. 1874 wurde in Deutschland die Impfpflicht gegen Pocken eingeführt. Die Medizinhistorikerin sagt: "Die Erfahrungen aus der Geschichte zeigten, dass durch umfassende Aufklärungskampagnen oft höhere Impfquoten erreicht werden als mit einer Impfpflicht."