Die Zahl der Menschen, die sich in Deutschland mit der Omikron-Variante des Coronavirus infizieren, nimmt deutlich zu. Allein in Nordrhein-Westfalen haben sich nach Informationen des Robert Koch-Instituts (RKI) bereits mehr als 4.500 Personen mit der leichter übertragbaren Mutation des Virus angesteckt.
Hält dieser Trend an, besteht die Gefahr, dass so viele Menschen in Deutschland aufgrund ihrer Infektion oder ihres Kontakts mit Infizierten gleichzeitig in Quarantäne müssen. Das könnte die kritische Infrastuktur massiv beeinträchtigen. Um das zu verhindern, denkt Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) über eine Verkürzung der Quarantänedauer nach. Am Freitag (07.01.2021) werden darüber voraussichtlich auch Bund und Ländern bei ihrem Treffen diskutieren.
Welche Quarantäne-Regeln gelten aktuell?
Aktuell muss sich jeder, bei dem eine Corona-Infektion mit einem PCR-Test nachgewiesen wurde, für mindestens zwei Wochen isolieren. Für Geimpfte und Genesene gelten Ausnahmen - vor allem dann, wenn sie nicht selbst infiziert, sondern nur Kontaktpersonen sind. Einen Überblick dazu gibt es unter diesem Link:
Was spricht für eine Verkürzung der Isolationsdauer?
Der Hauptgrund für eine Verkürzung der Quarantäne von Infizierten ist die Sorge davor, dass sich so viele Menschen wegen einer Covid-Erkrankung gleichzeitig isolieren müssen, dass die kritische Infrastruktur darunter leiden würde. Sprich: Wegen Personalmangels wären Polizei und Ordnungsdienste unterbesetzt, Krankenhäuser müssten aufgrund Bereiche schließen, die Nahrungsversorgung wäre nicht mehr gewährleistet, und öffentliche Verkehrsmittel würde nur noch vereinzelt oder gar nicht mehr fahren.
Aus medizinischer Sicht wird die Isolations-Verkürzung von den Befürwortern damit begründet, dass Infizierte das Virus vor allem wenige Tage vor und nach den ersten Symptomen weitergeben. Dies sei durch die bisherigen Virusvarianten von Sars-CoV-2 schon länger bekannt, sagt der Virologe Wolfgang Preiser von der Stellenbosch-Universität in Südafrika. Ob dies auch bei der Omikron-Variante so sei, ist laut Preiser aber noch nicht eindeutig belegt.
Laut Preiser kristallisiert sich aber heraus, dass die Omikron-Variante zwar ansteckender sei und es dadurch häufiger zu Impfdurchbrüchen komme, also Infektionen bei Menschen, die bereits geimpft sind oder durch eine frühere Infektion immunisiert. Beides verleihe aber einen Schutz gegen eine schwere Erkrankung, sagte Preiser dem WDR. Der Immunologe Carsten Watzl von der TU Dortmund hält daher eine verkürzte Quarantäne für Geimpfte für vertretbar.
Was spricht gegen eine Verkürzung der Quarantäne für Infizierte?
Gegen eine kürzere Quarantänedauer für Infizierte spricht vor allem die Impflücke in Deutschland. Denn etwa ein Fünftel der Erwachsenen ist noch nicht geimpft. "Und nur ein sehr geringer Anteil dieser Personen hat bereits eine Infektion überlebt", so Preiser.
Auch der Frankfurter Virologe Martin Stürmer bezeichnet eine mögliche Verkürzung der Quarantänedauer als "zweischneidiges Schwert". Verkürze man die Quarantäne, könne man produktiver sein, man riskiere aber auch Infektionen, die man durch eine längere Isolation verhindert hätte.
Gibt es schon Länder, in denen es eine verkürzte Quarantäne gibt?
Ja. In den USA müssen Menschen, die sich mit Corona infiziert aber keine Symptome entwickelt haben, nur noch fünf Tage in Quarantäne. Danach reicht es, wenn sie konsequent eine Maske tragen, wie die US-amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC bekannt gab.
In Israel können sich Corona-Infizierte sogar schon seit Juli nach bereits sieben Tagen freitesten. Das heißt, wenn sie sieben Tage nach dem Nachweis ihrer Corona-Infektion einen negativen Test vorweisen können, dürfen sie die Isolation verlassen.
In Südafrika müssen Infizierte, die keine Symptome entwickeln, sogar überhaupt nicht mehr in Quarantäne, sondern dürfen nur acht Tage lang nicht zur Arbeit gehen.