In NRW gibt es mittlerweile viele rötliche Flecken im DIVI-Intensivregister. Das Datentool der deutschen Intensivmediziner zeigt, wo Intensivbetten knapp werden.
In NRW stehen am Sonntag noch knapp 12 Prozent der Betten zur Verfügung. Sobald der Anteil unter 10 Prozent fällt, herrscht Notversorgung.
Lage ist nicht überall angespannt
Allerdings ist die Lage nicht überall in NRW angespannt. Die Kreise Coesfeld und Olpe werden beispielsweise grün dargestellt. Hier sind laut Intensivregister noch rund ein Viertel der Betten frei. In den Kreisen Borken, Wesel, Mettmann oder Steinfurt ist es jeweils noch ein Fünftel.
Im Klinikum Gütersloh waren am Nachmittag vier Intensivbetten frei. Das sei noch im Rahmen, hieß es von Seiten der Klinik. Das Personal ist allerdings darauf vorbereitet, dass sich die Situation minütlich ändern kann. Die Verlegung von Corona-Infizierten - etwa in den Kreis Paderborn - sei nichts Ungewöhnliches. Dort stehen noch viele freie Intensivbetten zur Verfügung.
Sind Krankentransporte die Lösung?
Das Klinikum Gütersloh ist nicht das einzige Krankenhaus, das Patienten mittels Krankentransport in weniger belastete Regionen bringt. Aus Köln wurden am Wochenende drei Patienten, die nicht mehr schwer erkrankt sind, verlegt.
Einer wird nun in Bochum versorgt. "Bei uns ist die Situation auch ernst, aber wir hatten noch die Kapazitäten, um den Patienten zu übernehmen", sagt Christoph Hanefeld von der dortigen Uniklinik.
Das liege auch daran, dass man mit mehreren Kliniken im Verbund arbeite. Andere Städte und Kreise haben sich ebenfalls zusammengeschlossen: In Solingen kooperiert man beispielsweise in Notsituationen mit 45 Kliniken, die im Umkreis von 24 Kilometern liegen.
Auch Verlegungen innerhalb Deutschlands werden mittlerweile praktiziert: Am 16. April wurden erstmals fünf Patienten aus Thüringen mit dem Hubschrauber in Spezialkliniken nach Hamburg, Bad Kissingen, Wolfsburg und Osnabrück ausgeflogen.
Der deutsche Nachbar Belgien hofft, dass dieses Vorgehen eine Lösung für die eigene, angespannte Lage ist: Das Land hat die Bundesrepublik um Aufnahme von Corona-Patienten gebeten. Denn die belgischen Intensivstationen sind voll.
Nicht alle Patienten können verlegt werden
Allerdings: Patienten, die schwer erkrankt sind, lassen sich nicht einfach transportieren, sagt Alexander Shimabukuro-Vornhagen von der Kölner Uniklinik. Zumal der Betroffene, wenn er im schlimmsten Fall stirbt, weit entfernt von seinen Angehörigen ist.
Zudem sei die Qualität der Betten nicht in allen Kliniken gleich hoch, betont der Mediziner. So würden die Betten in der Uniklinik eine Stufe über den "normalen" High Care-Betten für die Behandlung von Schwerkranken liegen.
Alexander Shimabukuro-Vornhagen muss momentan darüber entscheiden, welcher Patient in der Uniklinik behandelt wird und welcher nicht. "Das geht in Richtung einer Triage. Ich musste noch nicht entscheiden, Patienten sterben zu lassen. Aber wir akzeptieren im Augenblick eine schlechtere Versorgung für einige Patienten." Mittlerweile würde er vor allem jungen Erkrankten ohne Begleiterkrankungen die Behandlung in der Klinik ermöglichen. So eine Entscheidung belastet den Mediziner. "Man kann nicht gut schlafen."
Natürlich sehe die Situation nicht überall so aus. Aber gerade in Ballungszentren sei die Lage mittlerweile angespannt.
Verschieben von OPs für Corona-Kapazitäten
Viele Kliniken versuchen daher, selbst Kapazitäten zu schaffen - indem sie andere Operationen verschieben. So finden Bypass- oder Herzklappen-OPs in Köln derzeit nicht wie geplant statt. "Wir führen im Hintergrund eine Warteliste mit Operationen, die wir aufgeschoben haben", erklärt Thorsten Wahlers, Direktor der Herz- und Thoraxchirurgie.
Auch Christiane Bruns, Leiterin der Tumorchirurgie in der Uniklinik, musste OP-Säle schließen, um Platz für Corona-Patienten zu machen.
Ähnlich verfährt das Universitätsklinikum Essen, das landesweit die meisten Corona-Patienten behandelt: Es hat seine planbaren Operationen um ein Drittel reduziert. In Düsseldorf wurden ebenfalls "Einschränkungen bei planbaren Behandlungen beschlossen". Das Personal kann sich so um die Corona-Kranken kümmern.