CSU-Chef Markus Söder ist sich sicher: Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer ist das "Herzstück" des Konjunkturpakets, das die Folgen der Corona-Krise abmildern soll. Tatsächlich ist die Steuersenkung in Höhe von 20 Milliarden Euro einer der größten Posten im Maßnahmenpaket.
Der Steuersatz soll von Juli bis Dezember 2020 von 19 auf 16 Prozent sinken, der ermäßige Satz, der unter anderem für Lebensmittel gilt, von 7 auf 5 Prozent. So soll vor allem der Konsum angekurbelt werden. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken betonte am Donnerstag (04.06.2020) zudem die soziale Komponente. Die Senkung sei ein "sehr, sehr starker Impuls", um den Menschen finanzielle Bewegungsfreiheit zu geben, insbesondere auch denen mit geringerem Einkommen, sagte sie im SWR.
Das helfe am Ende auch der Wirtschaft, erklärt WDR-Wirtschaftsexperte David Zajonz. "Gemessen an ihrem Einkommen zahlen ärmere Menschen viel mehr Mehrwertsteuer als reichere Leute." Durch die Entlastung haben sie nun mehr Geld zur Verfügung, dass sie dann auch ausgeben. Bei reicheren Menschen ändere sich das Kaufverhalten eher weniger.
Bahn gab Steuersenkung weiter, Tamponhersteller nicht
Allerdings stellt sich die Frage, ob die Unternehmen die Steuersenkung auch wirklich über Preissenkungen an die Verbraucher weitergeben. Zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: Nachdem die Mehrwertsteuer auf Bahntickets Anfang des Jahres von 19 auf 7 Prozent reduziert wurde, hatte die Bahn diese vollständig an die Kunden weitergegeben.
Eine Mehrwertsteuersenkung für Tampons und Binden zum Jahresbeginn zeigte Verbraucherschützern zufolge allerdings keine Wirkung. Im Gegenteil: Manche Hersteller erhöhten sogar die Preise.
Wirkt eine sechsmonatige Steuersenkung überhaupt?
Auch der Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht die Gefahr, dass es zu "Mitnahmeeffekten" kommt. Laut einer DIW-Studie brauche es "längerfristige Steuersenkungen", damit sich in den meisten Branchen ein "Wettbewerbsdruck" aufbaut, der letztendlich zu Preissenkungen führt. Wenn die Senkung nur sechs Monate lang gelte, sei die Wirkung laut Bach entsprechend geringer.
Der Einzelhandelsverband HDE hofft hingegen auf einen starken Wettbewerb im Handel und sieht eine hohe Preissensibilität der Verbraucher. "Das funktioniert", sagte der Geschäftsführer Stefan Genth am Donnerstag. Und auch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer baut auf "Rabattaktionen" der Händler. Gerade bei langlebigen Gütern wie Autos, Möbeln oder Fernsehern gehen Ökonomen davon aus, dass geplante Anschaffungen vorgezogen werden.
Entweder die Verbraucher profitieren - oder der Handel
Auch David Zajonz geht davon aus, dass die Unternehmen die Steuersenkung an die Verbraucher weitergeben - wenn auch nur einen Teil davon. Und der andere Teil? "Der stärkt den notleidenden Handel", glaubt Ökonom Bach. Ein Effekt, der zwar nicht im Vordergrund stünde, der aber der Politik durchaus bewusst sei. Denn schließlich sollen alle halbwegs gut aus der Corona-Krise kommen: Verbraucher und Unternehmen.