Es gehört zu den positiven Nebeneffekten der Corona-Pandemie, dass auch die Kriminalitätsbranche gewaltige Einbrüche erlebt. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) stellte am Donnerstag (09.07.2020) vorläufige Zahlen der Polizei vor. Demnach wurden insgesamt knapp 23 Prozent weniger Taten registriert, der Rückgang betrifft nahezu alle Deliktarten.
Zwischen Anfang März und Ende Juni dieses Jahres habe es insgesamt 365.676 Strafanzeigen gegeben. Das seien 107.954 Anzeigen weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Die simple Erklärung des Ministers: "Klar, wenn das öffentliche Leben zurückgefahren wird, dann passiert auch weniger."
Einbrüche, Raubüberfälle, Taschendiebstähle
Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist laut Innenministerium um 30 Prozent von 7.561 auf 5.290 Fälle gesunken. Ebenfalls rückläufig seien die Raubüberfälle, ihre Zahl um 26 Prozent von 3.819 auf 2.821 Fälle gefallen. Die Zahl der Taschendiebstähle sei um 39 Prozent von 10.638 auf 6.511 Fälle gesunken. Straftaten, bei denen ältere Menschen Opfer wurden, seien um elf Prozent von 13.550 auf 12.104 Fälle zurückgegangen.
Vor allem zu Beginn der Pandemie habe es jedoch auch neue Delikte gegeben. Reul nennt sie "Enkeltrick im weißen Kittel", denn Trickbetrüger hätten sich als Mitarbeiter des Gesundheitsamtes ausgegeben oder versucht, Corona-Tests zu verkaufen.
Häusliche Gewalt auch rückläufig
Bei der häuslichen Gewalt habe es von März bis Juni dieses Jahres einen Rückgang um 21 Prozent von 13.230 auf 10.479 Fälle gegeben. Als Reul diese Zahlen vorstellt, sagt er dezidiert: "Hier bleiben ein paar Fragezeichen zurück." Denn viele Experten befürchten einen Anstieg der Gewalt.
Reul stellt einige Vermutungen für die niedrige Zahl an: "Vielleicht passen die Nachbarn besser auf, vielleicht gibt es eine Scheu, wenn mehr Personen in der Wohnung sind, vielleicht gibt es auch keine Gelegenheit, sich bei der Polizei zu melden, weil der Partner zu Hause ist." Der Innenminister sagt, man müsse bei der Interpretation der Zahlen "sehr, sehr vorsichtig sein" und betonte, dass es nur die Fälle sind, die bei der Polizei angezeigt wurden.
Bilanz der Verstöße gegen Corona-Auflagen
Zu Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung kam es nach Angaben von Reul vor allen Dingen an Feiertagen, wie im April an Ostern. Und an den letzten Wochenenden seien gehäuft Verstöße in den Städten festgestellt worden. Hier habe es Ansammlungen von Menschen ohne gebotenem Abstand gegeben.
Die Polizei habe vom 25. März bis Ende Juni tausende Verstöße und 50.587 Personen festgestellt. Darunter waren 36.837 Erwachsene, 11.404 Jugendliche und 2.346 Kinder. Gemessen an einer NRW-Gesamtbevölkerung von 18 Millionen Einwohnern ein guter Wert.