Die Pandemie ist in vollem Gange, die Landesregierung trifft fast täglich neue Entscheidungen zu Coronamaßnahmen, Vorschriften und finanziellen Hilfspaketen - und die SPD-Opposition kann nur zuschauen. Das könne so nicht weiter gehen, wetterte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am Montag in Düsseldorf.
"Jedes Ministerium macht derzeit, was es gerade für richtig hält", schimpfte er: Während die Schulministerin eine Maskenpflicht in der Schule anordnet, stelle der Justizminister klar, dass eine Verpflichtung dazu nicht akzeptabel sei.
Laschet ohne klaren Plan?
Dem Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) warf Kutschaty vor, die Abgeordneten der Oppositionsparteien über Pläne und Entwicklungen im Unklaren zu lassen. Laschet habe sich seit fünf Monaten nicht mehr öffentlich zu seiner eigentlichen Strategie in der Pandemie geäußert. Statt dessen fahre die Regierung eine "situative" Krisenpolitik.
Wenn eine Regierung aber mit den Coronaschutzmaßnahmen so elementar in die Grundrechte eingreife, handele ein Ministerpräsident "töricht, wenn er die Opposition dabei nicht mit einbezieht", so Kutschaty. Die Akzeptanz in der Bevölkerung für strittige Maßnahmen sei viel höher, wenn sie nachvollziehbar das Ergebnis einer Diskussion aller gewählten Abgeordneten sei.
Regierung soll Erklärung abliefern
Die SPD fordere daher eine Regierungserklärung in der nächsten Plenarsitzung am 11. November. Darin solle Laschet "vollumfänglich" darlegen, welchen Plan er weiter in der Pandemie verfolge.
Außerdem wollen die Sozialdemokraten einen "Fünf-Punkte-Plan" von der schwarz-gelben Regierung sehen. Darin soll unter anderem die künftige Teststrategie festgelegt werden. Die SPD fordert weitere Tests in Kitas und Schulen, dazu die flächendeckende Anwendung von Schnelltest.
Ampelsystem und Schulgipfel
Es müsse ein "Ampelsystem" her, so Kutschaty, das nach einem differenzierteren Schlüssel als lediglich die Inzidenzzahlen neue Coronamaßnahmen errechnet.
Auch die Ankündigung eines Schulgipfels, bei dem "alle Akteure an einem Tisch" säßen, soll der Fünf-Punkte-Plan enthalten. Ziel müssten verkleinerte Schülergruppen im Schichtbetrieb sein, auch außerschulische Lernorte wie Museen oder Theater kämen dafür in Frage.
Entschädigung für Gastronomie
Für die Gastronomie und die Eventbranche will Kutschaty eine finanzielle "Entschädigung" für ihre Verluste, die zwei Prozent der zuletzt erzielten Jahreseinnahmen entspräche: "Wer einschränkt, muss für Ausgleich sorgen." Andere Branchen, denen ebenfalls derzeit eine Existenzkrise droht, erwähnte er nicht. Gleichzeitig aber erklärte er wiederholt: Das oberste Ziel der Coronastrategie müsse sein, die "sozialkritische Infrastruktur" zu schützen - Kitas, Schulen und Altenheime.
FDP fordert ebenfalls Kurswechsel
Zufall oder nicht? Gerade Ende vergangener Woche hatte die FDP im Landtag, immerhin der Koalitionspartner der CDU, im Alleingang eine Neujustierung der Corona-Politik angeregt - und sich damit praktisch vom bisherigen Kurs von Ministerpräsident Laschet distanziert.
Wenn eine Regierungspartei die neuesten Vorstöße des Koalitionspartner über Twitter erfahren müsse, sei offensichtlich "die Harmonie nicht mehr so da", kommentierte Kutschaty mit betont sachlicher Stimme. Die SPD sei in der Kritik "sehr eng beisammen mit der FDP". Deren Forderung, das Parlament mehr in die aktuellen Entscheidungen mit einzubeziehen, sei "ein schönes Zeichen der FDP".