Wegen der 803 erwiesenen Corona-Fälle (Stand: 19.06.2020, 18.00 Uhr) im Fleischunternehmen Tönnies sind bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld inzwischen fünf Strafanzeigen gegen Unbekannt wegen fahrlässiger Körperverletzung und Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz eingegangen.
Strafanzeige von Britta Haßelmann
Auch die Bundestagsabgeordnete Britta Haßelmann hatte Strafanzeige gegen das Unternehmen Tönnies gestellt. Die Grünen-Abgeordnete zeigt sich entsetzt über die Lage im Schlachtbetrieb. Das Ausmaß der Infektionen dort erkläre sich nur durch massive Nichteinhaltung von Arbeitsschutzstandards sowie unverantwortliche Wohn- und Transportbedingungen.
Konzernspitze in Quarantäne
Unterdessen verfügte der Kreis nach einer Krisensitzung am Freitagnachmittag, dass ab sofort sämtliche Tönnies-Beschäftigten am Standort Rheda-Wiedenbrück unter Quarantäne gestellt werden - einschließlich Verwaltung, Management und Konzernleitung.
Kreis Gütersloh knapp vor Lockdown
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sprach am Freitagabend von einem "bislang nie dagewesenen Infektionsgeschehen" und schloss auch einen regionalen Lockdown für den Kreis Gütersloh nicht mehr aus.
Demonstration in Bielefeld
In Bielefeld demonstrierten rund 300 Menschen am Freitag (19.06.2020) gegen das Unternehmen, nachdem die Umweltprotestgruppe Extinction Rebellion dazu aufgerufen hatte. Nach eigenen Angaben gilt der Protest einer Tier- Mensch- und Umweltausbeutung durch den Betrieb. Erst Donnerstag (18.06.2020) hatten sich Familien zu einer Protestaktion vor dem Wohnhaus von Schlachthof-Chef Clemens Tönnies im Kreis Gütersloh zusammengefunden.
Rückzug aus der Geschäftsleitung gefordert
Robert Tönnies, der Neffe von Clemens Tönnies hat unterdessen dessen Rücktritt der Geschäftsführung gefordert und vertrat seine Position vor einer außerordentlich einberufenen Gesellschafterversammlung.
Bundeswehr um Hilfe gebeten
Direkt nebenan im Tönnies-Werk unterstützten seit Freitag morgen (20.06.2020) 25 Bundeswehrsoldaten das Unternehmen Tönnies bei den Testungen der Mitarbeiter. Der Kreis hatte die Bundeswehr um Amtshilfe gebeten.
Restbestände heruntergefahren
Mehrere Abteilungen werden heruntergefahren, so Unternehmenssprecher André Vieltädte, darunter die Schweinezerlegung und der Bereich, in dem Zwiebelmett hergestellt wird. Tönnies versucht, die Tiere in anderen Schlachthöfen des Unternehmens zu verarbeiten, wodurch keine Lieferengpässe entstehen sollen.
Ungewisse Zukunft für Mitarbeiter
Rund 1.000 bis 1.200 Mitarbeiter von insgesamt 5.000 sollten am Freitag getestet werden. Einige der getesteten Mitarbeiter fuhren im Anschluss umgehend zu ihrer Bank, um ihr Gehalt abzuholen, weil sie aktuell nicht wissen, wie es mit ihnen weitergeht.