Mit seinen missverständlichen Äußerungen zu Bulgaren und Rumänen musste NRW-Ministerpräsident Armin Laschet viel Kritik einstecken. Doch die Aufregung darum überlagert das eigentliche Problem: Was tut die Politik gegen die offenkundigen Missstände in der Fleischindustrie?
Nicht erst seit den Corona-Infektionen im Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück wird auf die Arbeitsbedingungen in der Branche geblickt. Schon nach einem Ausbruch in einem Schlachthof der Firma Westfleisch in Coesfeld hatte es im Mai eine bundesweite Diskussion gegeben. Der einhellige Tenor damals: So dürfe es nicht weitergehen.
Werkverträge sollen verboten werden - eigentlich
Doch was ist seitdem passiert? Es gab viele Ankündigungen. Die größte und wahrscheinlich folgenschwerste für die Branche kam von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Der SPD-Politiker kündigte ein Verbot von Werkverträgen an. Ab 2021 wären dann die umstrittenen Konstruktionen mit Subunternehmen Geschichte.
Bislang liegt aber nur ein Eckpunktepapier vor. In der ARD sagte Heil am Donnerstagabend (18.06.2020): "Ich arbeite mit Hochdruck daran, dass wir das, was wir da beschlossen haben, auch umsetzen so schnell wie möglich." Die neuen Regelungen müssten aber auch rechtssicher sein.
Lobby übt angeblich Druck aus
Geht es nach der Fleischindustrie, dürfen die Pläne auch gerne etwas abgemildert werden. So hatte der Verband der Fleischindustrie schon im Mai mitgeteilt, dass das Verbot von Werkverträgen eine "willkürliche Diskriminierung" sei. "Es bleibt abzuwarten, wie dies in einem Gesetz umgesetzt werden soll und ob eine solche Regelung Bestand haben kann."
Wie sehr hinter den Kulissen offenbar versucht wird, Einfluss zu nehmen, machte Heil in der ARD deutlich. Er sagte: "Ich werde mich da von keinem lauten Lobbyisten bremsen lassen."
Doch NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann befürchtet genau das. Im WDR sprach er von "Kräften in Berlin", die dort unterwegs seien, damit "jetzt alles wieder verwässert" werde. Er kenne die Arbeit der Lobby schon aus der Vergangenheit.
Der Verband der Fleischindustrie ließ eine WDR-Anfrage am Freitag dazu unbeantwortet.
Selbst wenn die Bundesregierung einen scharfen Gesetzentwurf vorlegt, muss der vom Bundestag verabschiedet werden. Die Abgeordneten könnten also noch alles verhindern. Laumann hält das für möglich. So werde in den Fraktionen darüber debattiert, ob man die Verschärfung überhaupt wolle.
Während Heils Ankündigung noch nicht umgesetzt ist, kommt aus NRW bereits die nächste Idee. So nimmt Verbraucherministerin Ursula Heinen-Esser die Preispolitik ins Visier. "Es gibt haarsträubende Sonderaktionen, bei denen Fleisch deutlich unter seinem Wert verkauft wird. Das müssen wir stoppen. Denn grundsätzlich ist der Verkauf unter Einstandspreis ja bereits untersagt", sagte die CDU-Politikerin der "Rheinischen Post" und kündigte eine Initiative im Bundesrat an. Ob die aber am Ende durchkommt, ist aber ebenfalls unsicher.