US-Präsident Donald Trump will den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich beenden. Nach einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin liefen am Dienstag in Riad Gespräche ihrer Delegationen, um konkrete Friedensverhandlungen aufzunehmen. Bei den Verhandlungen bislang nicht dabei: Die von Russland angegriffene Ukraine und ihre wichtigen Partnerländer in Europa. Stattdessen gab es ein Ukraine-Treffen europäischer Länder in Paris - am Mittwoch soll es ein weiteres geben.
Nordrhein-Westfalen hat seit Beginn des Angriffskriegs nach Angaben der Staatskanzlei mehr als 250.000 ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Was sagen sie und Deutsche mit ukrainischer Migrationsgeschichte zu den Verhandlungen? Der WDR hat mit zwei von ihnen gesprochen: Inna Sadykova aus Düsseldorf und Yevgeniy Buzik aus Köln. Friedensverhandlungen ohne die Ukraine - das könne nicht gut ausgehen, glauben sie.
Inna Sadykova, 38 Jahre, aus Düsseldorf
Eines sei klar, sagt die vor dem Krieg geflohene Ukrainerin Inna Sadykova aus Düsseldorf: "Dieser Krieg muss auf jeden Fall stoppen." Aber "wie und wann", das wisse sie nicht. Dass die Verhandlungen zwischen den USA und Russland für die Ukraine gut ausgehen, glaubt sie nicht:
"Meine Meinung: Was Putin und Trump entscheiden, hilft den Menschen in der Ukraine nicht. Ich habe große Angst davor."
Dass die Ukraine für einen Frieden mit Russland bestimmte eroberte Gebiete abtreten muss, zum Beispiel die Krim: "Ich glaube, das wird so kommen. Aber ich wünsche es mir nicht", sagt Sadykova. "In meinem Kopf habe ich diese Landkarte von der Ukraine, wie ich sie aus Schulzeiten kenne." Dass die Ukraine irgendwann mal nicht mehr so aussehen könnte - "das verstehe ich nicht. Das wäre nicht die Ukraine, die ich kenne, nicht die, für die mein Herz schlägt."
Sadykova flüchtete 2022 direkt nach Kriegsausbruch mit ihrer Familie aus Kiew nach Deutschland. Sie ist studierte Chemie-Ingenieurin, bildete sich in Düsseldorf zur Qualitätsmanagerin weiter. Aber sie braucht noch weitere Zertifikate, um arbeiten zu können. Ihr Mann ist eigentlich Lkw-Fahrer, muss in Deutschland aber noch kostspielige Nachprüfungen machen. Bis er damit durch ist, arbeitet er als Pflegekraft bei einem mobilen Dienst. Ihr gemeinsamer Sohn ist 14 Jahre alt, die Tochter zwölf.
"Viele Geflüchtete warten darauf, dass sie in die Ukraine zurückkehren können wie sie früher mal war", sagt Sadykova.
"Aber die Ukraine wird nicht mehr so sein wie früher."
Und sie werde noch weniger so sein wie früher, wenn Trump und Putin ohne Mitsprache der Ukrainer einen Frieden für das Land vereinbaren, sagt Sadykova.
Die Ukraine könnte dann noch mehr zerfallen, sagt sie. "Dann kann auch Belarus sagen, dass es Teile der Ukraine haben will." Womöglich würden dann noch mehr Menschen aus der Ukraine flüchten, glaubt sie.
Ihre große Hoffnung liegt auf Deutschland und der Europäischen Union. Und sie hofft, dass die Russland-freundlichen Parteien bei der Bundestagswahl nicht so stark werden. "Ich hoffe, die Deutschen wählen die Richtigen."
Yevgeniy Buzik, 40 Jahre, aus Köln
Die Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die Köpfe der Ukrainer hinweg - das bekümmert den gebürtigen Ukrainer Yevgeniy Buzik sehr:
"Ich bin enttäuscht, traurig - und auch ein kleines bisschen wütend."
Buzik ist Sport- und Geschichtslehrer an einer Kölner Gesamtschule. Er kam als Jugendlicher aus der Ukraine. Heute ist er Deutscher. Die ukrainische Staatsbürgerschaft hat Buzik nicht mehr. Aber er hat enge Kontakte in die alte Heimat: zu seiner Mutter, die wieder zurückgegangen ist, und zu zwei Jugendfreunden, die ebenfalls noch im Ort seiner Kindheit wohnen, einem Vorort von Kiew.
Noch sei ja offen, zu welcher Art von Frieden es kommen könnte, über den Trump und Putin verhandeln wollen, sagt Buzik. Aber wenn es wirklich so komme, dass die Ukraine große Teile des von Russland eroberten Gebiets abtreten soll, dann wäre das aus seiner Sicht auf vielfache Weise schlimm:
"Leidtragende wären in erster Linie die Menschen in der Ukraine."
"Zwar gäbe es dann einen Frieden. Aber selbst in der übrig gebliebenen Ukraine wäre die durch Revolutionen erkämpfte Zivilgesellschaft bedroht", sagt Buzik. "Russland könnte wie früher wieder viel Einfluss nehmen."
"In zweiter Linie wären es die Russen, die unter Putin leiden. Denn sein Regime würde erstarken", glaubt Buzik. "In dritter Linie wären auch die Europäer Leidtragende. Denn sie müssten weiterhin mit diesem Nachbarn Russland leben."
Während seines Studiums hat Buzik selbst für einige Zeit in Moskau gelebt. Dort hat er seine Frau kennengelernt, die auch heute noch die russische Staatsbürgerschaft hat. Die beiden haben einen zwölfjährigen Sohn.
Dass die europäischen Länder Trump und Putin viel entgegensetzen können, glaubt Buzik nicht. Eine "gewisse Resignation" mache sich in ihm breit, sagt er.
Unsere Quellen:
- WDR-Interview mit Inna Sadykova
- WDR-Interview mit Yevgeniy Buzik
- tagesschau.de-Berichte zu Ukraine-Treffen
- Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen