Die ersten Naturschützer in Deutschland sind am Rhein aktiv. Sie verhindern um 1820, dass der Drachenfels bei Königswinter als Steinbruch genutzt wird. Dessen Schönheit soll erhalten bleiben. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts treten Menschen auch erstmals als Schützer einzelner Tier- und Pflanzenarten in Aktion. "Als organisierte Bewegung gibt es Naturschutz seit etwa 1900", sagt Umwelthistoriker Frank Uekötter. Zu den Pionieren gehören unter anderem der 1899 gegründete "Deutsche Bund für Vogelschutz", die Keimzelle des heutigen Naturschutzbundes (NABU), und der 1913 entstandene "Bund Naturschutz in Bayern". Im Zug der zunehmenden Industrialisierung geht es damals darum, Natur zu erhalten, die als "typisch deutsch" angesehen wird.
In den 1970er Jahren tritt neben den Natur- auch der Umweltschutz. Er befasst sich mit der Reduzierung der Belastungen für die Umwelt. Gewässerverschmutzung, wilde Müllkippen und Luftbelastung werden zunehmend als gesellschaftliches Problem wahrgenommen. Am 20. Juli 1975 gründen 21 Männer und eine Frau im unterfränkischen Marktheidenfeld den "Bund Natur- und Umweltschutz Deutschland" (BNUD). Zu den Gründungsmitgliedern des ersten bundesweiten Umweltverbandes zählen auch Prominente: der Tierfachmann und Fernsehmoderator Bernhard Grzimek, der CDU-Bundestagsabgeordnete Herbert Gruhl, der Nobelpreisträger Konrad Lorenz, der Arzt Bodo Manstein, der Journalist Horst Stern, der Kybernetiker Frederic Vester und Hubert Weinzierl, Vorsitzender des "Bund Naturschutz in Bayern", der nun einer der stärksten Landesverbände des BNUD wird.
Kampagnen, Solarmobil, Anti-AKW-Arbeit
1977 wird der BNUD in "Bund für Umwelt und Naturschutz" (BUND) umbenannt. Kampagnen wie "Rettet die Vögel", "Rettet die Amphibien" und "Rettet die Wälder" machen den Verband bekannt. Der Bildband zur Vogel-Kampagne steht 1978 auf Platz eins der "Spiegel"-Beststellerliste. Ein Erfolg, der dem Verband 180.000 Mark Spenden und viele neue Mitglieder einbringt. Im selben Jahr präsentiert der BUND das erste deutsche Solarmobil, 1979 das erste Solarboot.
1980 klinkt sich der BUND in die Anti-Atom-Bewegung ein, die in den 1970er Jahren von einzelnen Bürgerinitiativen ins Leben gerufen wurde und sich zur Massenbewegung entwickelt hat. Das Atomkraftwerk in Wyhl und die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf werden verhindert, das AKW Brokdorf und das Zwischenlager Gorleben hingegen werden gebaut. Als die schwarz-gelbe Bundesregierung im Herbst 2010 die Verlängerung der AKW-Laufzeiten beschließt, flammen die Proteste wieder auf. Auch der BUND ist wieder daran beteiligt. Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 lenkt die Regierung ein. Die Laufzeitverlängerungen werden zurückgenommen und acht AKWs sofort stillgelegt.
Verbandsklagen gegen Kohlekraftwerke
Der BUND versteht sich als Vordenker für eine dezentrale, ökologische und sozial gerechte Energiewende. Einige seiner Konzepte habe die Politik bereits umgesetzt, sagt der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Mithilfe des Verbandes habe der Bau von 22 Kohlekraftwerken verhindert werden können. Der Kampf werde meist vor Gericht ausgefochten, da seit 2002 Verbandsklagen möglich seien und sich seither nicht nur Direktbetroffene wehren könnten.
Der BUND kennt aber auch Konflikte in den eigenen Reihen. 2012 verlässt Gründungsmitglied Enoch zu Guttenberg die Organisation. Er wirft dem BUND Käuflichkeit vor, weil die Klage gegen einen Offshore-Windpark zugunsten eines Vergleichs fallen gelassen wurde. Das Geld sollte eine Naturschutzstiftung für Ausgleichsmaßnahmen im Wattenmeer erhalten, erklärt Weiger: "Statt 100 Windkraftanlagen dürften jetzt maximal 18 gebaut werden." Doch das Projekt sei ökonomisch nicht mehr lukrativ und deshalb bis heute nicht realisiert worden. In Zukunft soll der BUND nach dem Vorschlag des Vorsitzenden Ausgleichszahlungen allerdings kategorisch ablehnen. Das Beispiel zeigt, welche Interessenskonflikte es zwischen Umwelt- und Naturschützern geben kann: Die einen fordern den Ausbau von Windkraftanlagen, die anderen setzen auf Biotop- und Artenschutz.
Stand: 20.07.2015
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