Eigentlich ist Gitte Haenning eher der melancholische Typ. Und "poetisch und clownesk veranlagt". Das sagt die dänische Schlagersängerin einmal von sich selbst. "Warum bist du ein Clown?", habe ihr Vater immer gefragt. "Mein Vater hat das nie so richtig verstanden."
Für Haenning selbst war dies schon immer klar. In einem ihrer Lieder heißt es: "Wieder mal sehr komisch - he - he - he – he der Clown / Risse in der Seele, Make-up im Gesicht / Das Leben, das wird weitergehn. Nur wie, weiß ich noch nicht". Und im Jahr 2010 steht sie bei den Ruhrfestspielen als Narr in Shakespeares "Was ihr wollt" mit Ilse Ritter, Vadim Glowna und Elisabeth Trissenaar auf der Bühne.
"Ich will 'nen Cowboy als Mann"
Geboren wird Haenning am 29. Juni 1946 in der dänischen Metropole Aarhus. Ihr Vater ist Gesangslehrer und macht sie mit dem Showbusiness vertraut. Mit ihm gemeinsam nimmt sie 1954 ihren ersten kleineren Hit "Ich heirate Papi" auf. Mit zwölf Jahren, 16 Platten und unzähligen Auftritten im Fernsehen und im Rundfunk gilt sie als beliebtester Kinderstar Skandinaviens. Ende der Fünfziger Jahre wird der Produzent Nils Nobach auf das blonde Mädchen, das unter ihrem Vornamen auftritt, aufmerksam. Nobach, der auch Bibi Johns und Conny Froboess entdeckt hat, etabliert sie auf dem deutschen Markt.
1963 steht Gitte in Deutschland zum ersten Mal auf Platz Eins der Hitparade. Im selben Jahr gewinnt sie mit ihrem Erfolgshit "Ich will 'nen Cowboy als Mann" die Deutschen Schlager-Festspiele in Baden-Baden. Gerade einmal 17 Jahre alt ist sie da. An der Seite des Schlagersängers Rex Gildo geht es mit Songs wie "Dein Glück ist mein Glück" (1965) oder "Sweet Hawaii" (1965) weiter. Mitte der Sechziger Jahre sind Gitte und Rex das Schlagertraumpaar der Bundesrepublik. Gleichzeitig platziert Gitte immer wieder auch Hits in Dänemark und Schweden.
Weg vom Schlager, hin zum Jazz
1973 wird Gitte beim Grand Prix d'Eurovision de la Chanson mit "Junger Tag" für Deutschland Achte. Im selben Jahr kommen ihr Zweifel. "Ich passe da nicht rein", fasst sie später ihre Gedanken zusammen. "Ich fühl mich nicht wohl in solchen Geschichten." Aber erst in den Achtziger Jahren erfindet sich die Sängerin neu, druckt als Zeichen ihrer Emanzipation vom Schlagergeschäft ihren Nachnamen mit auf das Plattencover, überwindet mit Auftritten im Jazz-Bereich Genregrenzen. Mit den Cover-Versionen "Freu dich bloß nicht zu früh" (1980) und "Die Frau, die dich liebt" (1980) sowie "Ich will alles" (1983) landet sie noch einige Erfolge.
Privat ist Haennings Glück eher flüchtig. In den Sechziger Jahren ist sie mit dem dänischen Jazzmusiker Niels-Henning Ørsted Pedersen zusammen. Dann mit dem Komponisten Robert Cornford, dem Regisseur Pit Weyrich oder dem Musicalproduzenten Friedrich Kurz. Ihre Ehe mit ihrem Manager Jo Geistler wird 1976 nach nur zwei Jahren geschieden. Heute lebt Gitte Haenning in Berlin.
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