Im März 1851 herrscht eine Grippeepidemie in Paris. Trotzdem drängen sich die Menschen in der gerade erst wiedereröffneten und zur Ruhmeshalle umfunktionierten Kirche Panthéon. In der höchsten Kuppel von Frankreich ist ein Pendel befestigt, das wie von Geisterhand zu schwingen beginnt.
"Die kupferne Kugel, am Ende eines langen metallischen Fadens, der hoch in der Wölbung des Chore dieser Kirche befestigt war, beschrieb ihre weiten konstanten Schwingungen in majestätischem Gleichmaß", wird Umberto Eco das Ereignis in seinem Bestseller "Das Foucaultsche Pendel" 1988 beschreiben.
Mit dem Versuch beweist der französische Physiker Léon Foucault auf direkte – und sehr anschauliche – Weise, dass sich die Erde dreht. Bislang ist dieser Nachweis nur indirekt über Beobachtungen des Sternenhimmels gelungen. Wieder einmal ist Foucault seiner Rolle als Wissenschaftler und Showman gerecht geworden.
Studium aus Ekel abgebrochen
Geboren wird Foucault 1819 als Sohn eines erfolgreichen Verlegers in Paris. In seiner Jungend baut er viele technische Modelle. Auf Wunsch der Mutter beginnt er ein Medizinstudium, das er aus Ekel vor den obligatorischen Leichenobduktionen abbrechen muss. Konsequent wendet er sich in der Folge der Physik zu.
Aufgrund eines Schlüsselerlebnisses, das er einer Vorführung des Fotografen Louis Daguerre verdankt, fasziniert ihn zunächst die Beschaffenheit des Lichts. Foucault reduziert die extrem langen Belichtungszeit der Daguerreotypien auf Sekunden – und fotografiert als erster die Sonne, Sonnenflecken inklusive.
Ein genialer Autodidakt
Als Physiker ist Foucault Autodidakt. Er begreift die Gesetze der materiellen Welt intuitiv und weiß sie für Erfindungen zu nutzen. In den 1840er Jahren verbessert er die elektrische Bogenlampe, berechnet die Lichtgeschwindigkeit, stellt eine Schreibmaschine für Blinde vor und entwickelt ein Verfahren zur Mikrofotografie.
Gefördert wird er von Präsident Louis Napoléon, selbst ein begeisterter Hobby-Naturwissenschaftler. 1865 nimmt ihm die französische Akademie der Wissenschaften in ihre Reihen auf.
Blind und ohne Sprache
Ab 1859 eröffnen Foucaults perfektionierte Spiegelteleskope den Astronomen bisher ungeahnte Möglichkeiten der Beobachtung des Kosmos. Doch die dauernden Kämpfe um Anerkennung, um Anstellung und Finanzierung des Lebensunterhalts zehren an seinen Kräften.
Mit 48 Jahren erkrankt Foucault schwer, vielleicht an multipler Sklerose, seine Hände werden taub, er beginnt zu erblinden, verliert seine Sprache.
Léon Foucault stirbt am 11. Februar 1868 in Paris. Nachbauten seines Pendels hängen heute in vielen Technikmuseen der Welt.
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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 11. Februar 2018 ebenfalls an Léon Foucault. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 12.02.2018: Vor 160 Jahren: Erste Modenschau in Paris