In Stuhl sitzender Herr trägt Tuxedo Jacket / Modezeichnung um 1900

10. Oktober 1886 - Der Smoking sorgt als Tuxedo in den USA für Furore

Stand: 10.10.2016, 00:00 Uhr

"Der Smoking ist sozusagen der Frack des 21. Jahrhunderts", urteilt Agnes Anna Jarosch vom Deutschen Knigge-Rat. In den steifen großen Gesellschaftsanzug mit den typischen Schwalbenschwänzen müssen sich Herren nur noch selten zwängen. Bei Staatsempfängen etwa, dem Wiener Opernball oder Nobelpreis-Verleihungen verlangt die Kleiderordnung noch immer kompromisslos den Frack.

Ansonsten ist der Mann von heute zu allen Festivitäten im Smoking angemessen gekleidet – sofern er dazu laut Dresscode eine Weste oder einen Kummerbund um den Leib trägt. Allerdings kennt man den eleganten "kleinen" Abendanzug nur im Deutschen unter dem Namen Smoking. In England heißt er Dinner Jacket und in den Vereinigten Staaten Tuxedo. Beide Namen verweisen auf die Entstehung des Smokings als Nachfolger des Fracks.

Dinner Jacket für den Prince of Wales

Wie überall dinieren Mitte des 19. Jahrhunderts englische Gentlemen standesgemäß im Frack. Haben sie den offiziellen Teil des Abends hinter sich, ziehen sich die Herren in den Rauchsalon zurück, wo sie den unbequemen Rock gegen eine legere Jacke ohne lästige Schwalbenschwänze tauschen: das Smoking Jacket. Angeblich erscheint der Herzog von Sutherland um 1865 als Erster in der bequemen Oberbekleidung auch zum Dinner in seinem Club. Andere Quellen nennen Albert Edward, den Prince of Wales und späteren König Edward VII., als Trendsetter. Sicher ist, dass der Maßschneider Henry Poole das erste schwalbenschwanzlose Dinner Jacket für den Thronfolger entwirft.

Über einen amerikanischen Kaffeemillionär, der Anfang 1886 zu Gast bei Hofe ist, gelangt das Dinner Jacket in die USA. Dort begeistert sich der junge Dandy Griswold Lorillard sofort für die neue Mode und sorgt für einen veritablen Skandal im Kreis der oberen Zehntausend. Am 10. Oktober 1886 präsentiert sich der Erbe eines Tabakimperiums im Dinner Jacket der High Society im elitären Tuxedo Club bei New York – ein unerhörter Verstoß gegen die Etikette. Doch bei seinen Altersgenossen kommt die revolutionäre Abendgarderobe an und wird bald unter dem Namen Tuxedo überall in den Staaten kopiert.

Marlene Dietrich trägt als erste Frau Smoking

Die konservative Gesellschaft aber tut sich lange schwer mit der Anzugjacke ohne Frackschöße. Noch um 1900 dekretiert das Herrenmagazin "Manners of Men": "Ein Mann, der sich in Gesellschaft nicht anzuziehen weiß, kann keinen Erfolg haben. Einer, der schwere Kleidungsfehler begeht, kann niemals erfolgreich sein. Man wird ihn nicht wieder einladen, dessen kann er gewiss sein." Doch der Siegeszug des Tuxedo bzw. Dinner Jackets oder Smokings ist nicht aufzuhalten. 1933 sorgt Bandleader Duke Ellington für Aufsehen, als er mit seinen Musikern im weißen Smoking auftritt.

Marlene Dietrich wagt es als erste Frau, ihre langen Beine in dem Abendanzug zur Geltung zu bringen, und Humphrey Bogart macht mit "Casablanca" das weiße Dinner Jacket populär. Ende der 30er-Jahre hat der Smoking weitgehend den Frack als Abendgarderobe verdrängt. Dass der klassisch schwarze oder mitternachtsblaue Anzug nicht nur elegant, sondern auch cool sein kann, beweist Sean Connery in den Sechzigern als James Bond. 1965 präsentiert Modezar Yves Saint Laurent den ersten speziell für Frauen entworfenen Smoking. Heute gibt es das noble Herren-Outfit von der Stange bereits für rund 100 Euro zu kaufen – zum Leidwesen der Schneiderzunft.

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