Wer den Top-Star des Louvre sehen will, braucht Geduld und gute Augen. Gerade einmal 77 x 53 Zentimeter misst Leonardo da Vincis "Mona Lisa", die Tag für Tag von 30.000 Menschen umlagert wird. Für Daniel Soulié, Konservator des meistbesuchten Museums der Welt, kein Grund zur Freude: "Die Mona Lisa erschlägt buchstäblich alle anderen Werke des Museums."
Mit rund 35.000 ausgestellten Werken - einem Zehntel des Gesamtbestands – ist die Sammlung im früheren Pariser Königspalast nach dem Metropolitan Museum in New York und nach der St. Petersburger Eremitage das drittgrößte Museum der Erde. Am 10. August 1793, auf den Tag genau ein Jahr nach Abschaffung der Monarchie, wird es von Frankreichs Revolutionstribunal als "Zentrales Kunstmuseum der Republik" eröffnet.
Napoleons Beutekunst
Der Louvre, dessen burgartige Keimzelle im 13. Jahrhundert entsteht, ist allerdings kaum noch geeignet, Frankreichs Kunstschätze aufzunehmen. Nachdem Ludwig XIV. den Hofstaat 1774 nach Versailles verlegt hatte, zogen Künstler samt Atelier und Familie sowie Händler mit ihren Ständen in den Königspalast ein. Große Teile der ständig erweiterten Palastanlage waren nie vollendet worden und sind nun zu Ruinen verfallen. Deshalb muss das Kunstmuseum der Republik bereits wenige Tage nach der Eröffnung wegen dringender Renovierungen für etliche Jahre wieder geschlossen werden.
Eine für den gesamten Museumsbau wegweisende Entscheidung ist die Errichtung eines Glasdachs über der großen Galerie. Die Sammlungen der französischen Könige, die zunächst den Kernbestand des Louvre-Museums bilden, erstrahlen nun im Tageslicht von oben. Während der Revolutionskriege, in denen sich Napoleons Armeen durch Europa siegen, füllt sich der Louvre durch Requirierungen mit den prächtigsten Schätzen des Abendlands. "Die Revolution ging davon aus, dass Kunst ein Produkt der Freiheit ist", erläutert die Kuratorin Emilie Robbe. "Da das revolutionäre Frankreich das Land der Freiheit an sich ist, schien es normal …, alles nach Paris zu bringen, was damals hauptsächlich als Kriegsbeute galt."
"Best of Louvre" unerwünscht
Nach Napoleons endgültiger Niederlage fordern die Siegermächte ihre Kunstschätze unerbittlich zurück. Nur etwa 1.000 von über 5.000 geraubten Exponaten bleiben dem Louvre erhalten. Doch durch Ankäufe und Schenkungen kann das Museum sein Prestige als Europas "Enzyklopädie der schönen Künste" festigen. Ab 1850, unter Kaiser Napoleon III., wird der riesige Palastkomplex mit den angrenzenden Tuilerien vereinigt und endlich fertiggestellt. Der Tuilerienpalast fällt dann 1871 einem verheerenden Brand zum Opfer; das Museum entgeht nur knapp der Vernichtung.
Mit seinem Projekt "Grand-Louvre" stößt Präsident François Mitterand in den 1980er Jahren eine umfassende Neugestaltung des gesamten Gebäudes an. Seither bildet die Glaspyramide des Chinesen Ieoh Ming Pei das Entrée zum unter die Erde verlegten Eingangsbereich. 1997 vollendet, sollte "Grand-Louvre" 4,5 Millionen Besucher jährlich aufnehmen können. Inzwischen werden fast zehn Millionen Menschen durch Frankreichs Publikumsmagneten geschleust. Die Idee einer touristischen "Rennstrecke" zu den größten Attraktionen stößt aber bei den meisten der rund 2.100 Beschäftigten auf Ablehnung. Ein "Best of Louvre", so die 65 Konservatoren, vertrage sich nicht mit der wissenschaftlichen Reputation des Museums.
Stand: 10.08.2013
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