Pressekonferenz zum Schuljahresauftakt in NRW
WDR aktuell. 04.08.2023. 16:06 Min.. Verfügbar bis 04.08.2025. WDR. Von Michael Hoverath.
Pläne von Feller: Alltagshelfer und weniger Klassenarbeiten zum Schulstart
Stand: 04.08.2023, 13:56 Uhr
Zum Start des neuen Schuljahres am Montag hat Schulministerin Feller (CDU) ihre Pläne und Vorhaben für die kommenden Monate vorgestellt. Ihr Fokus liegt dabei besonders auf der Grundschule.
Von Rainer Striewski
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Zu den Kommentaren [14]"Die Grundschule ist der Startpunkt - praktisch das Basis-Camp - für die schulische Bildung. Wir werden deshalb in den nächsten Monaten einen Schwerpunkt auf den Bereich Grundschule legen." Das kündigte NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) am Freitag an, wenige Tage vor Beginn des neuen Schuljahres.
Unterstützt werden sollen die Grundschulen etwa durch Alltagshelfer, zentral erstellte Arbeitspläne oder die neu eingeführte Lesezeit. Aber auch für weitere Schulformen stellte Feller Entlastungen in Aussicht.
Alltagshelfer für die Grundschule
Um die Lehrkräfte in den Grundschulen zu entlasten, können im neuen Schuljahr nun erstmals Alltagshelfer eingestellt werden. Sie sollen - ähnlich wie in den Kitas - den Lehrkräften zur Hand gehen, etwa den Unterrichtsraum vorbereiten. Die ersten 400 Alltagshelfer können laut Feller nun eingestellt werden. In erster Linie sollen sie an unterbesetzten Grundschulen für Entlastung sorgen.
Lesezeit "3x20 Minuten"
Lesezeit in Grundschulen
Nach dem schlechten Abschneiden der NRW-Grundschüler beim IQB-Bildungstrend im vergangenen Herbst hatte Feller bereits angekündigt, einen Schwerpunkt auf die Lesekompetenz an den Grundschulen setzen zu wollen. Das wird im kommenden Schuljahr mit verbindlichen Lesezeiten von dreimal 20 Minuten pro Woche umgesetzt. "Dahinter verbirgt sich ein umfangreiches Konzept, wie wir Lesekompetenz verbessern können", so Feller. Im Austausch mit anderen Bundesländern wie Hamburg werden gerade genaue Konzepte erarbeitet.
Zentrale Arbeitspläne zur Entlastung
Das Ministerium will den Grundschulen in den kommenden zwei Jahren zudem "praxistaugliche Arbeitspläne" zur Verfügung stellen, um die Lehrkräfte "von umfangreichen Dokumentationspflichten und langwieriger Konzeptarbeit zu entlasten". Bislang wurden diese Pläne, die die Lehrpläne ergänzen, an den einzelnen Schulen erarbeitet.
715 Millionen für die offene Ganztagschule
Im laufenden Haushaltsjahr stellt die Landesregierung laut Schulministerium rund 715 Millionen Euro für die Offene Ganztagschule (OGS) bereit. Damit könnten im neuen Schuljahr insgesamt 392.500 Ganztagsplätze finanziert werden - und damit 30.000 Plätze mehr als im abgelaufenen Schuljahr 2022/23. Im Schuljahr 2024/25 sollen mit insgesamt 780 Millionen Euro dann 430.500 OGS-Plätze finanziert werden. "Wir stellen die Grundschulzeit unserer Kinder aus gutem Grund auf guten Grund", so Feller.
Klassenarbeiten und neue Prüfungsformate
Weniger Klassenarbeiten an weiterführenden Schulen
An den weiterführenden Schulen soll künftig in den Klassen 7 und 8 auf jeweils eine Klassenarbeit in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch verzichtet werden können. Das entlaste die Lehrkräfte, so Feller: "Dadurch setzen wir Ressourcen frei, die in die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts investiert werden können." Aufgrund der zentralen Prüfungen in Mathematik, Englisch und Deutsch kann im 10. Jahrgang weiterhin je eine Klassenarbeit entfallen.
Gleichzeitig kündigte die Schulministerin an, über "alternative Prüfungsformate" nachzudenken. Eine Arbeitsgruppe im Schulministerium werde in den nächsten Monaten neue Prüfungsformate entwickeln.
Rolle der Schulleitungen entscheidend
Eine weitere Arbeitsgruppe soll laut Feller darüber hinaus Vorschläge erarbeiten, wie Schulleitungen besser unterstützt werden können. "Schulleitungen haben eine ganz entscheidende Rolle im Schulsystem", betonte Feller. Viele Schulleitungen hätten ihr aber mitgeteilt, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr so wahrnehmen könnten, wie sie sich das wünschten. "Und da muss man zuhören und ins Gespräch kommen", kündigte Feller an.
SPD: "Ernst der Lage nicht bewusst"
Die angekündigten Maßnahmen gehen der SPD-Opposition im Düsseldorfer Landtag nicht weit genug: "Ministerin Feller ist seit einem Jahr im Amt. Verbessert hat sich die Situation weder für die Schülerinnen und Schüler, noch für die Lehrkräfte oder die Eltern", teilte Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, mit. Schulministerin Feller stelle sich "nicht den großen Herausforderungen der Zeit", so Engin. "Es reicht längst nicht mehr aus, irgendwelche Sprechblasen abzulesen und damit Hoffnung verbreiten zu wollen."
Lehrer begrüßen Entlastungen
Der Verband "Lehrer NRW" hingegen kann in Fellers Ankündigungen "erste positive Impulse" erkennen. "Die Möglichkeit, ab dem neuen Schuljahr in den Klassen 7 und 8 auf jeweils eine Klassenarbeit in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch verzichten zu können, bringt angesichts des hohen Korrekturaufwands eine sinnvolle und vertretbare Entlastung", betonte Landesvorsitzender Sven Christoffer.
Allerdings wäre noch "viel Luft nach oben", wenn's darum ginge, den Lehrerberuf atttraktiver zu gestalten. Christoffer fordert deshalb unter anderem "kleinere Klassen, eine zeitgemäße Ausstattung von Klassen- und Lehrerzimmern, weniger Bürokratismus und eine geringere Unterrichtsverpflichtung vor allem an den Schulformen der Sekundarstufe I".
14 Kommentare
Kommentar 14: Münsterländer schreibt am 05.08.2023, 10:47 Uhr :
Ergänzung: Anspruch auf Leistungen der Sozialversicherungen haben Menschen in WfbMs schon. Aber ihre Arbeit ist in der Regel m. W. nach nicht sozialversicherungspflichtig. Daher müssen die Beiträge für sie meist zu einem großen Teil asu öffentlichen Töpfen bezahlt werden. Dennoch liegt der Stundenlohn in diesen Werkstätten meist unter 2 € pro Stunde. Die WfbM kann m. E. auch nicht als qualifizierungsmaßnahme für den 1. Arbeitsmarkt gewertet werden, dafür ist die Vermittlungsquote in diesen viel zu gering. Die Werkstätten benötigen außerdem ihre "Mitarbeiter" (wenn man sie so nennen darf.) Desh. bin ich nicht davon überzeugt, dass sie großes Interesse an einer Vermittlung haben. Daher könnte es für die (Grund)Schulen wie auch für die Menschen mit Behinderungen eine wirkliche win:win Situation sein, wenn sie dort als Alltagshelfer eingesetzt werden. Auch wenn die Entlastung pro Schulstunde vielleicht nur 5 - 10 Minuten betragen sollte, summiert sich dies auf eine beachtliche Entlastung.
Kommentar 13: Münsterländer schreibt am 05.08.2023, 09:55 Uhr :
Weniger Klassenarbeiten zu schreiben halte ich für den falschen Weg. Wenn ein Kind einen Blackout hatte, fehlt einfach die Möglichkeit diesen mit den nächsten Arbeiten ausreichend kompensieren zu können. Außerdem glaube ich, wird es dazu führen, dass der Schulstoff insgesamt weniger wiederholt wird. Korrekturaufwand hin oder her, es ist eine Kernaufgaben des Lehrberufs Klassenarbeiten zu korrigieren. Die Alltagshelfer können eine Entlastung sein. Die Idee ist vermutlich allein nicht ausreichend, aber gundsätzlich gut. Hier könnte man viele ungenutze Potentiale einsetzen. Nehmen wir Menschen mit Behinderungen, die trotz aller Inklusionsbemühungen auch heute noch meist einfach in WfbMs abgeschoben werden. D. H. 2. Arbeitsmarkt, keine Sozialversicherung, keinen Anspruch auf Mindestlohn und oftmals sozialhilfeabhängig. Aber dennoch haben viele dieser Menschen beachtliche Fähigkeiten, meist halt nur in Teilbereichen. Dies ist für mich Potential, dass man zum Wohle der Kinder nutzen muss.
Kommentar 12: Heinz Gahlek schreibt am 05.08.2023, 09:54 Uhr :
Wow .. genial .. einfach eine Klassenarbeit weniger schreiben lassen und eine Arbeitsgruppe gründen .. einfach großartig dieses Problembewusstsein gepaart mit lösungsorientiertem, kreativem und unbürokratischem Handeln und beruhigend zu wissen, denn bei den Problemen die wir schon haben und die noch auf uns zukommen werden, brauchen wir solche klugen Köpfe .. welche konkreten Aufgaben haben denn die zu bedauernden Alltagsbegleiter ( bytheway: werden die nicht schon zur Entlastung in der Pflege und zur Betreuung von Pflegebedürftigen zu Hause gebraucht ? ) .. sollen die Fotokopien verteilen, Tafel putzen, Handys und Waffen einsammeln ? Der Wahnsinn in diesem Land und das Unvermögen, die Arbeitsverweigerungshaltung und die Ignoranz unserer Angestellten in der Politik, ist nicht mehr in Worte zu fassen und nur noch durch die Gleichgültigkeit der Bevölkerung und ÖR / Medien zu toppen ! Erschreckend - wie es in unserem Land wohl in 5, 10 und 20 Jahren aussieht ...
Kommentar 11: Diogenes schreibt am 05.08.2023, 09:39 Uhr :
Warum, lieber WDR, ist denn ausgerechnet HIER die Kommentar-Funktion freigeschaltet - und beim Temu- oder Wüst-Selbstdarstellung-qua-Foto-Artikel nicht? Honi soit qui mal y pense. Viel Spaß beim Kanalisieren.
Kommentar 10: Froschkönigin schreibt am 05.08.2023, 01:13 Uhr :
Und wenn ich nicht mehr weiter weiß , dann gründe ich einen Arbeitskreis . Ist das alles was der Frau einfällt ? Wann möchte sie denn mal die Grundprobleme angehen ? Zb. Marode und Unterfinanzierte schulen , zu wenig Lehrer , usw.
Antwort von Garp , geschrieben am 06.08.2023, 10:03 Uhr :
Weitere Maßnahme: unsinnig hohe Hürden im Referendariat , bis hin zu Mobbing durch die Platzhirsche im Kollegium, verhindern. Denn viele junge, angehende Lehrerinnen schmeißen in dieser Phase ihren Job und machen danach etwas anderes. Gilt für Sek 1 und Sek2.
Kommentar 9: AnnaS. schreibt am 04.08.2023, 22:56 Uhr :
Bei der ganzen Änderei darf man aber doch bitte die Kinder nicht aus den Augen verlieren. Was bringt eine OGS, wenn dort Kräfte ohne jegliche entsprechende Ausbildung arbeiten? Es darf doch nicht darum gehen, die Kinder "nur" zu beaufsichtigen. Sowohl Schule wie auch OGS müssen doch auch Ansprüchen genügen, die eine Ausbildung unserer Kinder gewährleistet - womit ich nicht meine, dass die OGS einen Bildungsauftrag erhalten soll, aber zumindest pädogogische Schulung oder Kompetenz bei der HA-Erstellung (!) sollte doch ein Mindestanspruch an OGS-Kräfte sein. Mir ist wirklich bewusst, wie schwierig (i.S.. belastend) der Lehrerberuf ist, aber hier scheint mehr der Augenmerk auf den Lehrern zu liegen; es ist zu wenig, wenn 3x wöchentlich 20 Minuten Lesezeit eingeführt werden (im so wichtigen "Basis-Camp").
Kommentar 8: Paula schreibt am 04.08.2023, 22:03 Uhr :
Warum schreiben Schülerinnen u. Schüler in der Oberstufe fünf- bis sechs- stündige Arbeiten, während an der Uni ein bis zwei Stunden genügen? Kürzere Klausuren würden Schüler*innen und Lehrkräfte entlasten, ohne die Qualität zu reduzieren.
Kommentar 7: Heinz Gehlen schreibt am 04.08.2023, 21:41 Uhr :
.. eine Klassenarbeit weniger .. geniale Idee .. wird dann der Lehr bzw Prüfinhalt auf die anderen Klassenarbeiten verteilt und abgefragt oder was soll das ? Ich möchte das erst gar nicht wissen .. und die armen Alltagsbegleiter, die dann den Unterricht vorbereiten sollen .. indem sie Fotokopien (!) verteilen, Handys einsammeln und die Tafel putzen oder was - großartig und das ist Deutschland 2023 ! Das Totalversagen unserer Politclowns wird nur noch von der penetranten Hofberichtserstattung der zwangsfinazierten ör Sendeanstalten und durch die offensichtliche Gleichgültigkeit und Dummheit der deutschen Bevölkerung übertroffen, die sich dieses Theater ihres Personals immer noch gefallen lässt - es ist der Wahnsinn und so erschreckend, was aus diesem Land geworden ist bzw gemacht (!) wurde ... und wohin das führen wird, wenn man bedenkt, welche Probleme unweigerlich demnächst noch auf uns zukommen werden ! MfGruß und weiterhin gute Nacht Deutschland
Kommentar 6: Wassertrinker schreibt am 04.08.2023, 21:04 Uhr :
Ich weiss nicht, ob ich lachen oder weinen soll! 🙈
Kommentar 5: Pedell schreibt am 04.08.2023, 20:27 Uhr :
Das Kernproblem wird nicht erkannt, aber eine Klassenarbeit weniger löst das Problem. Frau Feller sollte mal eine Woche an einer Schule hospitieren und sich das Chaos mal ansehen ...
Antwort von Lehrer , geschrieben am 05.08.2023, 09:56 Uhr :
Ein Problem besteht auch darin, dass alles immer perfekt vorbereitet wird, wenn die Ministerin oder ein Dezernent kommt. Alltag können diese Personen nicht erfahren. Ähnlich wie der Besuch eines LAA. Alle spielen etwas vor, aber die Realität zählt nicht.
Kommentar 4: PBMM schreibt am 04.08.2023, 20:09 Uhr :
Das sind doch alles keine Maßnahmen, die den Lehrerberuf auch nur ansatzweise attraktiver für Neueinsteiger machen. Keines der eigentlichen Probleme wird angegangen. Seit Jahren werden flexible Arbeitszeiten gefordert, niedrigere Stundendeputate und bessere Bezahlung sowie Aufstiegschancen an den Schulformen der Prima- und Sekundarstufe I. Warum wird in dieser Richtung den gar nichts erwähnt? An manchen Schulformen gelten weiterhin die 28 Stunden Deputat, das ist je nach Region nicht machbar ohne krank zu werden. Die Besoldung ist mit A12 immer noch niedriger als in allen anderen Ämtern mit ähnlichen Anforderungen und selbst nach der Umstellung 2026 wird es keine Anpassung der Laufbahngruppen geben und somit auch keine Studienratszulage. Das bedeutet weiterhin deutlich schlechtere Bezahlung. Hinzu kommt Anwesenheitspflicht an fünf Tagen die Woche plus Homeoffice am Wochenende. Häufig bei einer Pendelei von 50km pro Strecke. Wie soll die Schule denn damit noch konkurrenzfähig bleiben?