Corona-Betrug in Millionen-Höhe: Tests ohne Testzentren
Stand: 11.08.2023, 06:00 Uhr
Mutmaßlicher Betrug mit Corona-Teststellen: In Köln müssen sich am Freitag drei Männer vor dem Landgericht verantworten. Sie sollen einen zweistelligen Millionenbetrag bekommen haben, obwohl sie nicht einen einzigen Test durchgeführt hatten.
Von Markus Schmitz
Als die Kölner Polizei gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft im vergangenen Dezember die mutmaßliche Masche der jetzt angeklagten Männer erklärte, staunten die anwesenden Journalistinnen und Journalisten nicht schlecht. Wie ist so etwas möglich, war die entscheidende Frage.
Den Männern war es laut Staatsanwaltschaft mit gefälschten Dokumenten und Strohmännern gelungen, den Behörden vorzugaukeln, dass sie in Köln und Langenfeld Testzentren betreiben. Zwischen Januar und Mai 2022 rechneten sie laut Vorwurf mehr als 1,8 Millionen Tests ab. Tatsächlich sei aber kein einziger durchgeführt worden, so die Staatsanwaltschaft.
Niederträchtige Taten - Notlage ausgenutzt
Statt der Testzentren hatten die Täter der Anklage zufolge Briefkästen eingerichtet, damit sie zum Beispiel von der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, die für die Abrechnungen zuständig war, Post erhalten konnten.
Zuvor hatten die Täter italienische Staatsbürger einfliegen lassen, die in Köln Konten eröffneten und ihre Namen als Inhaber der Testzentren einsetzten. Nach wenigen Tagen flogen diese Personen wieder zurück nach Italien.
900 bis 1.000 Testzentren in Köln – Kontrollen schwierig
Dr. Jürgen Zastrow bezeichnet die Masche als niederträchtig
Der Kölner Mediziner Dr. Jürgen Zastrow ist Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Köln und war leitender Impfarzt. Während der Corona-Zeit war er mittendrin im Geschehen. Er bezeichnet die Masche der mutmaßlichen Täter als niederträchtig.
In dieser Notsituation, in der die Behörden zum Wohl der Bevölkerung so unbürokratisch wie möglich helfen wollten, sei das System ausgenutzt worden. "Das ist so, als greife man einem bewusstlosen Mann in die Hosentasche, um sein Portemonnaie zu stehlen", sagt er.
In der Hochphase der Pandemie gab es etwa 900 bis 1.000 Teststellen in Köln. Das Gesundheitsamt habe auch Hygiene-Kontrollen gemacht. Das sei aber nicht überall möglich gewesen, sagte ein Mitarbeiter in einem anderen Betrugsprozess vor dem Kölner Landgericht als Zeuge.
16 Millionen Euro Steuergelder
Aufgefallen ist die Masche der Abteilung Geldwäsche der Generalzolldirektion. Sie nahm Kontobewegungen mit Millionenbeträgen im Zusammenhang mit Corona-Tests wahr, die bei den Ermittlern Fragen aufwarfen.
Für dieses Verfahren vor dem Kölner Landgericht sind nun 18 Verhandlungstage angesetzt. Neben der Frage der Bestrafung geht es auch darum, den entstandenen Millionenschaden - 16 Millionen Euro Steuergelder - zurückzubekommen.
Über dieses Thema berichten wir am 11.08.2023 im WDR Fernsehen in der Lokalzeit aus Köln um 19.30 Uhr.