Nach 445 Jahren: Stolberger Traditionsunternehmen vor dem Aus Lokalzeit aus Aachen 05.02.2025 02:40 Min. Verfügbar bis 05.02.2027 WDR Von Christa Koch

Nach 445 Jahren: Stolberger Traditionsunternehmen vor dem Aus

Stand: 06.02.2025, 12:10 Uhr

Der Spezialist für Metallverarbeitung KME in Stolberg soll im September geschlossen werden. Das hat die Unternehmensleitung bekanntgegeben. Betriebsrat und Gewerkschaft wehren sich.

Von Helga Hermanns

Das KME-Werk in Stolberg hat eine 445-jährige Geschichte und gilt als das älteste Messingwerk der Welt. Heute ist es als Hersteller für Bänder aus Kupfer- und Hochleistungslegierungen für die Automobilindustrie Weltmarktführer.

Jedes Auto hat unzählige Stecker - etwa für Klimaanlagen, Handy-Ladegeräte, Sitzheizungen oder elektrische Außenspiegel. Und in fast jedem dieser Stecker sind Produkte aus Stolberg verbaut. Das Werk sei nicht mehr profitabel, gibt die Unternehmensleitung als Begründung für die Schließung an.

Probleme bei KME häuften sich

Das sehen Betriebsrat und die IG Metall anders. Bis 2019 sei am Standort alles gut gelaufen, obwohl es in den Jahren zuvor immer wieder Konflikte wegen mehrerer Inhaberwechsel gab. Danach hätten sich die Probleme gehäuft.

Beispielsweise gebe es keine Geschäftsleitung vor Ort. Das sei vor allem nach der Flut 2021 problematisch gewesen, weil wegen der Flutschäden im Werk ein direkter Ansprechpartner fehlte, erinnern sich IG-Metall-Geschäftsführer Martin Peters und der Stolberger Bürgermeister Patrick Haas.

Keine Ausrichtung in die Zukunft

KME-Betriebsratsvorsitzender Thomas Schlick | Bildquelle: WDR

In das Werk sei zu wenig strategisch investiert worden, meinen Betriebsrat und Gewerkschaft. Denn auch wenn die Nachfrage bei der Automobilindustrie stagniere, gebe es andere wachsende Zukunftsmärkte für die Kupferbänder aus Stolberg. Gebraucht werden sie unter anderem in E-Autos, Windrädern und weiteren Sparten der Energietechnik.

Diese Neuausrichtung sei von der Geschäftsleitung nicht vorgenommen worden, obwohl der Betriebsrat dies mehrfach vorgeschlagen habe. Dann gab es häufig Kurzarbeit, 2024 wurde auch noch das Walzwerk geschlossen - ein wichtiger Baustein in der Produktion. Warum die Geschäftsleitung so entschieden habe, sei nie kommuniziert worden, sagen Betriebsrat und IG Metall.

Verkauf als bessere Lösung

Sie wollen jetzt gemeinsam mit der Unternehmensleitung in Osnabrück Gespräche führen, um den Verkauf des Stolberger Werks vorzuschlagen. Mit einem neuen Investor, so die Hoffnung der Belegschaft, könne das Werk sich neu ausrichten, flexibler werden und seine hohen Kompetenzen vor allem in der Verzinnung einsetzen.

Wenn das Werk geschlossen würde, müsste ein Sozialplan erstellt werden. Auch würden hohe Kosten für die Beseitigung von Altlasten anfallen. Ein Verkauf des Werks an einen Investor ist nach Meinung des Betriebsrats die bessere Lösung.

Auf dem Spiel stehen 114 Arbeitsplätze für Menschen, deren Familien zum Teil schon seit Generationen in dem Werk arbeiten. Der Stolberger Bürgermeister Patrick Haas bedauert die Entwicklung und sagt, wenn das Werk schließe, gehe auch ein bedeutendes Stück Stadtgeschichte verloren.

Nach 445 Jahren: Stolberger Traditionsunternehmen vor dem Aus WDR Studios NRW 06.02.2025 00:42 Min. Verfügbar bis 06.02.2027 WDR Online

Unsere Quellen:

  • KME
  • KME-Betriebsrat
  • IG-Metall-Geschäftsführer Martin Peters
  • Stolbergs Bürgermeister Patrick Haas

Über das Thema berichtet die Lokalzeit aus Aachen am 05.02.2025 auch im Radio auf WDR 2 und um 19.30 Uhr im WDR-Fernsehen.