Mädchen liegt im Bett mit einem Kissen über ihrem Kopf.

Von wegen "gute Nacht": Volkskrankheit Schlaflosigkeit

Stand: 07.02.2025, 06:00 Uhr

Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland schläft laut einer Umfrage zu wenig oder wacht häufig auf. Was hilft? Und was nicht?

Gelegentliche Schlaflosigkeit ist ganz normal, etwa vor wichtigen Terminen, Prüfungen oder in akuten Stressphasen. Wenn die Ausnahmesituation vorbei ist, sollten sich Schlafdauer und Schlafqualität aber wieder normalisieren. Für viele bleibt guter Schlaf allerdings nur ein schöner Traum.

Mehr als die Hälfte der Menschen in Deutschland schläft unter der Woche nach eigenem Empfinden zu wenig. Sie kommen im Schnitt auf sieben Stunden pro Nacht, bräuchten allerdings nach eigener Aussage mindestens acht. Das geht aus einer Umfrage der Krankenkasse Pronova BKK unter 2.000 Personen hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Im Durchschnitt wachen die Befragten demnach rund zwei Mal pro Nacht auf, etwa 20 Prozent sogar mehr als drei Mal. Der häufigste Grund: Weil sie auf die Toilette müssen (57 Prozent). Sorgen und Stress halten laut der Umfrage 22 Prozent der Befragten wach, ebenso häufig wie nächtliches Frieren oder Schwitzen. Es folgen Albträume mit zwölf Prozent, Lärmempfindlichkeit mit elf und störende Kinder mit sechs Prozent.

Was hält uns nachts wach? Welche Hausmittel wirken? Und wann sollte man zum Arzt gehen? Fragen und Antworten.

Wie viel Schlaf ist genug?

Das individuelle Schlafbedürfnis ist von Mensch zu Mensch verschieden. Während einige sehr gut mit vier bis sechs Stunden auskommen, benötigen andere weit mehr Zeit, um sich ausgeruht und fit zu fühlen. Die meisten Erwachsenen brauchen etwa sechs bis acht Stunden pro Nacht. Ältere Menschen benötigen in der Regel etwas weniger Zeit als jüngere. "Schlaf wird mit zunehmendem Lebensalter einerseits störanfälliger und das Schlafbedürfnis sinkt leicht", erklärt Michael Feld, Schlafmediziner aus Frechen, im Gespräch mit dem WDR.

Welche Folgen kann dauerhafter Schlafmangel haben?

Ein dauerhaftes Schlafdefizit ist keine Kleinigkeit, sondern extrem ungesund. Chronische Schlafstörungen beeinträchtigen Leistungs-, Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit sowie das allgemeine Wohlbefinden. Auf Dauer kann dies zu psychischen Störungen wie Depressionen führen. "Aber auch andere Krankheiten können die Folge sein", betont Feld, "zum Beispiel Bluthochdruck, Magen-Darm bis hin zur Demenz". Dass auch die Intelligenz von Betroffenen beeinträchtigt sein kann, sei mittlerweile erwiesen. "Nach Jahrzehnten mit harten Schlafstörungen kann es zu vermehrten Ablagerungen von Proteinen im Gehirn kommen, die man von Alzheimer-Patienten kennt."

Schlafmediziner Michael Feld

Schlafmediziner Michael Feld

Allerdings sei längst nicht jede schlaflose Episode gleich krankhaft, sagt der Schlafmediziner. Wenn sich der Schlafrhythmus nach einigen Tagen wieder normalisiere und der Alltag nicht übermäßig von Müdigkeit und Erschöpfung bestimmt sei, gebe es in der Regel keinen Grund zur Besorgnis.

Was hält uns nachts wach - und was könnte helfen?

Eine mangelhafte Schlafqualität mit vielen Unterbrechungen ist laut der aktuellen Pronova-Umfrage weit verbreitet. Betroffenen rät Schlafmediziner Feld zu Verhaltensänderungen, um die Häufigkeit solcher Störungen zu senken:

  • Toiletten-Gänge: Blasenschwäche und Probleme mit der Prostata nehmen mit dem Alter zu und sorgen für häufigeren Harndrang. Wer es schafft, den Toilettengang zügig und ohne weitere Ablenkungen zu erledigen, dem sollte anschließend das Einschlafen keine größeren Schwierigkeiten verursachen. Manchmal sei erhöhter Harndrang gar nicht die Ursache, sondern eher ein zu "flacher" und unruhiger Schlaf, in dem auch ein leichter Harndrang als unangenehm empfunden wird. "In diesem Fall sollte man nach der Ursache suchen, eventuell auch mit ärztlicher Hilfe."
  • Sorgen und Stress: "Schlaf braucht ein Gefühl von Sicherheit", sagt Feld. Wer ständig mit schlechten Nachrichten konfrontiert werde, der könne leicht Schlafstörungen entwickeln. Regelmäßige Entspannungsübungen vor dem Schlafengehen könnten zum Beispiel Abhilfe schaffen. "Auch weniger fernsehen kann helfen - also weniger schlechte Nachrichten konsumieren."
  • Frieren und Schwitzen: "Gegen Frieren helfen gewöhnlich eine zusätzliche Decke oder Socken", rät Feld. Wenn man aber regelmäßig schweißüberströmt aufwacht, sollte man abklären, ob nicht eine ernsthafte Krankheit dahintersteckt. "Das kann auf eine Schlafapnoe hinweisen." Diese äußert sich durch starkes Schnarchen und Atemaussetzer. "Das sollte man auf jeden Fall untersuchen lassen."

Welche Auslöser für Schlafmangel sind weit verbreitet?

"In meiner Praxis habe ich sehr oft mit schlafbezogenen Atmungsstörungen zu tun", erzählt Feld, also die eben beschriebene Schlafapnoe. Meistens seien es die Partner der Patienten, die solche Störungen bemerken und Betroffene zum Arzt schicken. "Dann gibt es die stressbedingten Schlafstörungen, die aber in einigen Fällen auch auf eine Erkrankung der Schilddrüse oder des Herzens hinweisen können." Physiologische Ursachen kämen dabei häufiger vor als psychische. "Ich würde sagen, das Verhältnis ist 60 zu 40."

Regelmäßiger Drogen- oder Alkoholkonsum kann ebenso zu Schlaflosigkeit führen wie dauerhafte oder häufige Verschiebungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, etwa bei Schichtarbeit.

Welche Hausmittel wirken?

Einige pflanzliche Mittel werden seit jeher erfolgreich zur Linderung von Schlafstörungen eingesetzt. Dazu gehören:

  • Baldrian
  • Hopfen
  • Melisse
  • Passionsblume
  • Lavendel

Mehr zu den Vor- und Nachteilen verschiedener Schlafmittel findet ihr hier:

Was ist mit Schlaf-Apps?

Sogenannte Schlaf-Apps überwachen das Einschlafen und Aufwachen. Sie sollen Informationen über Schlafdauer und -qualität sammeln. Mobile Sensoren in Armbändern, Kleidungsstücken und zur Befestigung im Bett, sogenannte Wearables, lassen sich mit Smartphone-Apps koppeln. Die Apps können eingesetzt werden, um die eigene Schlafdauer und Schlafmenge zu erfassen. Dabei sollte allerdings immer die nicht ausreichende Messgenauigkeit der Systeme berücksichtigt werden. Eine Schlafstörungsdiagnose beim Arzt können sie nicht ersetzen.

Hinzu kommen Apps, die mit Entspannungsübungen beim "Abschalten" helfen sollen. "Diese kann man sich auch beim Arzt verschreiben lassen", sagt Schlafmediziner Feld.

Schlafen Menschen bei Vollmond wirklich schlecht?

Laut der Pronova-Umfrage haben 44 Prozent der Befragten bei Vollmond häufige Probleme beim Ein- und Durchschlafen - besonders betroffen sind demnach Menschen zwischen 30 und 39. Die wissenschaftliche Studienlage sei zwar noch relativ dünn, sagt Feld, aber er höre dies auch in seiner Praxis immer wieder. Wer empfindlich reagiert, sollte zunächst versuchen, das Schlafzimmer gut abzudunkeln.

Wann muss man zum Arzt?

Dafür gebe es eine klare Regel, erläutert Schlafmediziner Feld: "Wenn die Schlafstörung länger andauert, also etwa vier bis sechs Wochen am Stück, und Probleme im Alltag verursacht, dann sollte das untersucht werden." Außerdem sei starkes Schnarchen ein Warnsignal. "Darauf sollte man seinen Partner unbedingt hinweisen."

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