Die deutsche Veranstaltungsbranche steht vor dem Kollaps. "Es ist 5 vor 12", warnt die Kölner Comedian Carolin Kebekus. Ohne Veranstalter und Dienstleister sei auch die Kultur am Ende, sagt Kebekus und rief zur Teilnahme an einer Demonstration in Berlin auf. Am Mittwoch haben dort Event-Manager, DJs, Caterer und andere Dienstleister demonstriert. Die Veranstalter sprachen von mehr als 15.000 Demonstranten, die Polizei von etwa 6.500.
Die Demonstration richte sich explizit nicht gegen die politischen Maßnahmen zum Infektionsschutz, betont das Bündnis "#AlarmstufeRot", Organisator der Großdemo. Vielmehr gehe es ums nackte Überleben einer Branche, die mehr als eine Million Menschen beschäftigt und in normalen Zeiten zehn Milliarden Euro jährlich erwirtschaftet. Gibt es überhaupt noch Hoffnung? Fragen und Antworten.
Wie geht es der Branche aktuell?
Der Deutsche Eventverband spricht von einer "Katastrophe in Zeitlupe". Denn die Veranstaltungsbranche habe zu den ersten Wirtschaftszweigen gehört, die in der Corona-Krise ihre Arbeit einstellen musste. Und sie werde voraussichtlich die Letzte sein, die irgendwann wieder annähernd unter normalen Bedingungen ihre Arbeit aufnehmen darf. Das Jahr 2020 sei wahrscheinlich schon verloren, heißt es. Und für 2021 sehe es auch nicht viel besser aus, weil langfristige Planungen derzeit kaum möglich sind.
Die wirtschaftlichen Verluste sind schwer zu beziffern. Denn um eine Veranstaltung zum Laufen zu bringen, braucht es Veranstalter, Locationbetreiber, Messebauer, Bühnentechniker, Sicherheitsunternehmen, Caterer und technische Dienstleister – und viele andere Spezialisten. Zum großen Teil handelt es sich um Selbstständige, die von heute auf morgen ihre gesamte Existenzgrundlage verloren haben. Nur eins ist sicher: die Verluste sind gigantisch.
Wie viele Betriebe stehen vor der Pleite?
Das wird man wohl erst im kommenden Jahr wissen. Zurzeit melden in NRW und bundesweit nach Angaben des Statistischen Bundesamts sogar weniger Unternehmen Insolvenz an als in normalen Jahren. Denn die Bundesregierung hat die Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige Unternehmen bis zum Jahresende ausgesetzt. Wer nachweisen kann, dass seine wirtschaftliche Not unmittelbare Folge der Corona-Pandemie ist, darf zunächst weitermachen – auch wenn er nichts als Verluste erwirtschaftet.
Ein Beispiel: Clubs und Diskotheken waren mit die ersten, die auf Anordnung der Gesundheitsämter schließen mussten. Seit März liegt der Umsatzverlust der Betreiber bei 100 Prozent. Es steht zu befürchten, dass nach dem Ende der Krise ein großer Teil der Clubkultur in NRW verschwunden seien wird.
Was fordern die Betroffenen?
Vor allem brauche es schnelle politische Entscheidungen, wenn die Branche noch gerettet werden soll, fordert das Bündnis "#AlarmstufeRot". Und außerdem Überbrückungs- und Kreditprogramme, die weit über die bisherigen Angebote auf Bundes- und Landesebene hinausgehen.
Denn anders als im produzierenden Gewerbe, könne man das Event-"Produkt" nicht auf Lager legen und auf bessere Zeiten hoffen. Die Umsätze der Branche, die im diesem und nächsten Jahr wegfallen, sind unwiederbringlich verloren. Insgesamt fordern die Betroffenen, dass die dramatische Situation der Branche endlich wahrgenommen wird. Auch Konzerte und Events seien "systemrelevant" – immerhin erwirtschafte die Branche insgesamt mehr als viele "klassische" Industriesparten.