Die einen müssen auf die Straße gehen, die anderen beraten mit der Kanzlerin: In der Corona-Krise zeigt sich der unterschiedliche Stellenwert von Wirtschaftszweigen. So wurde am Dienstagabend beim Autogipfel auf höchster Ebene zwischen Politik und Industrie über Hilfen gesprochen. Tags drauf demonstrierte in Berlin die Veranstaltungsbranche, weil sie um ihre Existenz fürchtet. Die Lobby von Kulturschaffenden, Technikern, Messebauern, Caterern und Schaustellern scheint nicht so groß zu sein, wie die der Autobauer.
Dabei ist die Not besonders groß. Rund 400.000 Menschen arbeiten in NRW in der Veranstaltungsbranche. Es wird befürchtet, dass schon 2021 jeder zweite Betrieb pleite geht. Es gibt zwar Hilfen und Unterstützung. Doch Betroffene halten die für nicht ausreichend.
Eventbranche fordert eine Perspektive
So spricht Stephan Haida von einer "vergessenen Branche". Der Messebauer sprach am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des NRW-Landtages zu den Abgeordneten. "Es ist die Perspektivlosigkeit, die uns zu schaffen macht", sagte er. Keiner wisse, wann es wieder große Veranstaltungen und Messen gebe. Für dieses Jahr werde mit Umsatzeinbußen von 80 bis 100 Prozent gerechnet. Gezielte Hilfen für die Branche seien nötig.
Auch die SPD fordert ein spezielles Programm nur für die Eventbranche und die Schausteller. Doch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) wiegelt ab. "Besondere Förderprogramme für bestimmte Branchen sind aus unserer Sicht (…) eher zu vermeiden", sagte er im Ausschuss. "Sinnvoller" seien Soforthilfen und Überbrückungshilfen für alle Branchen.
Schausteller drängen auf Weihnachtsmärkte
Noch besser wäre es natürlich, wenn die Betroffenen wieder arbeiten können. Im Fall der Schausteller bedeutet das: Weihnachtsmärkte erlauben. Das fordert auch Albert Ritter, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Schaustellerverbände in NRW. Er warnt davor, den Gastronomen das Aufstellen von Heizpilzen im Winter zu erlauben, aber keine Weihnachtsmärkte für die Schausteller zu ermöglichen.
"Das kann ich meinen Mitgliedern nicht mehr vermitteln", sagte er im Landtag und sprach von einer "Ungleichbehandlung sondergleichen". Viele Kollegen hätten seit Weihnachten 2019 keine Einnahmen mehr. Angesichts eines "faktischen Berufsausübungsverbotes" müsse die Politik nun handeln.
Der zuständige Minister bittet aber noch um etwas Geduld. Erst Ende September soll geklärt werden, ob und wie Weihnachtsmärkte in NRW stattfinden können. Pinkwart hoffe aber auf "vernünftige Lösungen".