Die 7-Tage-Inzidenz liegt in NRW mit 153,7 Corona-Fällen pro 100.000 Einwohner derzeit zwar über dem Bundesdurchschnitt von 141,4. Doch auch hier ist die Tendenz fallend: Vor einer Woche lag der Wert noch bei 186,6. Seitdem sinken die Infektionszahlen merklich.
Fünf Kommunen (Soest, Höxter, Coesfeld, Münster und der Rheinisch-Bergische Kreis) lagen am Dienstag bei einer Inzidenz unter dem "Notbremsen"-Wert von 100, weitere 28 unter der Grenze von 165, ab der wieder Wechselunterricht an den Schulen erlaubt ist.
Auch der bundesweite R-Wert ist laut Robert Koch-Institut gesunken: Von 0,92 auf 0,88. Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 88 weitere Menschen anstecken. Liegt er für längere Zeit unter 1, schwächt sich das Infektionsgeschehen ab.
Über 30 Prozent der NRW-Bürger sind geimpft
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte am Dienstag in Berlin: "Die Zahlen sinken, das ist ermutigend." Sie seien aber noch nicht stark genug gesunken. Das Reduzieren von Kontakten bewähre sich offenbar. Zugleich beginne das Impfen, Schritt für Schritt einen Unterschied zu machen.
So sind in NRW bereits 6,8 Millionen Impfungen verabreicht worden. 30,1 Prozent der Menschen im Land haben mindestens eine Impfung erhalten, 7,8 Prozent sind bereits vollständig geimpft.
Lage auf Intensivstationen weiter sehr angespannt
Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich erfreut über die Entspannung des Corona-Infektionsgeschehens im Land geäußert. Es gebe "Licht am Ende des Tunnels", sagte sie und verwies auf sinkende Fallzahlen und eine leichte Entspannung in der Intensivmedizin.
Die WDR-Wissenschaftsredakteurin Ruth Schulz sieht in diesen Zahlen allerdings derzeit keinen Anlass, sich entspannt zurückzulehnen. "Es wird noch dauern, bis sich der Impffortschritt spürbar bemerkbar macht", sagte sie. Die Inzidenzzahlen sänken zwar, lägen aber immer noch auf einem sehr hohen Niveau: "Wenn man sieht, dass vor nicht allzu langer Zeit Inzidenzen von 100 oder gar 50 angestrebt waren, sind die aktuellen Zahlen noch weit davon entfernt."
Trotz sinkender Infektionszahlen sind die Corona-Abteilungen in den Kliniken in NRW weiterhin voll. So lagen am Dienstag 1.150 Corona-Patienten auf Intensivstationen, weitere 868 müssen sogar beatmet werden. Das sind mit die höchsten Werte seit Beginn der Pandemie.
Nährboden für impfresistente Mutanten?
Der Frankfurter Virologe Martin Stürmer sieht zudem in der aktuellen Situation die Gefahr von Mutationen. Das Coronavirus gerate durch die Impfungen unter Druck, gleichzeitig seien die Infektionszahlen noch so hoch, dass sich womöglich impfresistente Varianten bilden könnten, sagte er in der ARD. "Das wäre denkbar", sagt auch WDR-Wissenschaftsredakteurin Schulz: "Allerdings sehen wir, dass die gängigen Impfstoffe bislang recht gut gegen Mutationen wirken."
Die derzeit in Indien grassierende Virus-Mutante ist laut RKI bislang nur vereinzelt in Deutschland nachgewiesen worden. Das Institut beobachtet die Lage, stuft diese Variante derzeit aber nicht als "besorgniserregend" ein.
Das Ziel ist die "Herdenimmunität"
Um die angestrebte "Herdenimmunität" zu erreichen, müssten rund 70 Prozent der Menschen immun gegen das Coronavirus sein - entweder durch eine Impfung, oder, weil sie die Infektion durchgemacht haben. Bis dieser Punkt erreicht ist, wird noch einige Zeit vergehen.
Immerhin: Vor ein paar Wochen sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch davon, bis Ende September jedem Deutschen ein Impfangebot machen zu können. Das soll nun deutlich schneller gehen. Gesundheitsminister Spahn geht davon aus, dass man "sicherlich im Juli" den Zustand erreichen werde, "wo wir eigentlich alle, die unbedingt wollten, geimpft haben werden".