
Gabie Raven und die Diskussion um §218
Trotz breiter gesellschaftlicher Debatten, Protesten und eines fraktionsübergreifenden Gruppenantrags bleibt der Schwangerschaftsabbruch in Deutschland weiterhin im Strafgesetzbuch verankert. Ein Gesetz, das viele ändern wollen – und das vorerst bleibt, wie es ist.
Gabie Raven leitet zwei Abtreibungskliniken in den Niederlanden. Immer wieder behandelt sie dort deutsche Patientinnen, die die Frist für einen straffreien Abbruch in Deutschland verpasst haben. Um das zu ändern, eröffnet sie 2022 eine Praxis in Dortmund. Abtreibungsgegner protestieren, sie und ihre Mitarbeiterinnen erhalten Drohungen, Frauen werden vor ihrer Klinik belästigt.
Seit Juli 2024 ist es verboten, schwangere Frauen gezielt vor Arztpraxen und Beratungsstellen einzuschüchtern. Ein Verstoß gegen das Gesetz gilt als Ordnungswidrigkeit. Ein Schwangerschaftsabbruch in Deutschland hingegen bleibt weiterhin eine Straftat – auch wenn er unter bestimmten Bedingungen straffrei bleibt. "Die Hürden, die die Frauen nehmen sollen, die sind so groß und so schrecklich, dann fühlt man sich schon wie ein Krimineller", sagt Gabie Raven.
Paragraph 218 liegt auf dem Verhandlungstisch, an dem CDU und SPD die Koalitionsverhandlungen führen. Wer die Geschehnisse der letzten Monate verfolgt hat, mag überrascht sein. Denn mehr als unter heutigen Mehrheitsverhältnissen hatte es im alten Bundestag eine realistische Chance gegeben, den Abbruch zumindest in den ersten zwölf Wochen zu entkriminalisieren. Der Gesetzesentwurf dazu lag fertig bereit, doch letztlich war es auch die SPD die einen Rückzieher machte. Jennifer Stange blickt zurück auf das vergangene Jahr: auf eine historische Chance, die verpasst wurde – und auf das politische Spiel um ein Thema, das für viele Frauen existenziell ist.
Autorin: Jennifer Stange
Redaktion: Valentina Dobrosavljević