Kranke, verletzte oder verlorene Teile des Körpers zu ersetzen - was lange Zeit bloß Gegenstand von Märchen und Legenden ist, wird durch die moderne Transplantationsmedizin Realität. Mitte der 1950er Jahre wird in den USA erstmals erfolgreich eine Spenderniere übertragen. 1967 gelingt einem südafrikanischen Chirurgen die erste Herzverpflanzung.
Der Bedarf an Organen, die schwerkranken Menschen das Leben retten könnten, ist dabei seit jeher deutlich höher als die Zahl der verfügbaren Organe. Daher unternimmt die Gesundheitsbehörde in Hamburg vor 50 Jahren einen Vorstoß, die Spendebereitschaft der Bürger zu erhöhen. Am 3. November 1971 wird in der Hansestadt der erste Organspendeausweis ausgegeben.
Die kleine Plastikkarte ist die am häufigsten genutzte Möglichkeit, zu Lebzeiten die Zustimmung oder Ablehnung einer Organ- und Gewebespende rechtsverbindlich zu dokumentieren. Am häufigsten werden Nieren und Lebern transplantiert, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation erklärt. Es folgen Herz, Lunge und Bauchspeicheldrüse.
Keine Mehrheit für Widerspruchslösung
Insgesamt werden 2020 knapp 3.000 Organe postmortal gespendet - trotz Pandemie eine annähernd stabile Zahl. "Das ist gut", findet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, "angesichts der Zahl von 10.000 Patientinnen und Patienten in Deutschland, die auf ein Organ warten, aber nicht gut genug."
Um dem Organmangel entgegenzuwirken - die Wartezeit für eine neue Niere beträgt heute sechs bis sieben Jahre - macht sich Spahn für die Einführung der Widerspruchslösung in Deutschland stark. Danach wäre automatisch jeder ein Organspender, der dies nicht ausdrücklich verweigert. Bislang gibt es dafür im Bundestag aber keine Mehrheit. Stattdessen wird 2020 beschlossen, bei Bürgern regelmäßiger ihre Bereitschaft zur Organspende abzufragen und sie intensiver zu informieren.
Organspendeausweis als Hilfe für Angehörige
Die Zahl derer, die einen Organspendeausweis besitzen, ist im Laufe der Jahre kontinuierlich gestiegen. Laut einer repräsentativen Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung liegt sie aktuell bei etwa 39 Prozent. Diese Entwicklung freut nicht nur Ärzte und Patienten, auch Angehörigen nimmt sie eine große Last. Denn nach derzeitiger Rechtslage müssen sie im Ernstfall über eine Organspende entscheiden, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten keine Entscheidung getroffen hat.
Ab dem 16. Geburtstag können Jugendliche laut Gesetz ihre Bereitschaft zur Organspende erklären, ein Widerspruch ist bereits ab dem 14. Lebensjahr möglich. Eine Obergrenze für eine Organspende gibt es nicht. Die bislang älteste Organspenderin sei 98 Jahre alt gewesen und habe ihre Nieren sowie ihre Leber gespendet, berichtet DSO-Sprecherin Birgit Blome.
Inzwischen gibt es den Organspendeausweis auch als App für das Smartphone.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Steffi Tenhaven
Redaktion: Christoph Tiegel
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