Uschi Glas und Rex Gildo in "Musik aus Studio B"

Stichtag

22. Oktober 1961 - ARD startet die "Musik aus Studio B"

Anfang der 1960er-Jahre ist Chris Howland der Deutschen liebster Medien-Gastarbeiter. In Karl-May-Filmen darf der komische Engländer nicht fehlen, aus den Radios tönt sein Hit "Das hab ich in Paris gelernt" und im Fernsehen feiert er in "Vorsicht Kamera" Lacherfolge mit der versteckten Kamera. Lange vor "Beatclub", "Disco" und ZDF-"Hitparade" landet "Mr. Pumpernickel" mit der Schlager-Show "Musik aus Studio B" einen weiteren Hit, der Fernsehgeschichte schreibt.

Am 22. Oktober 1961 begrüßt Howland als radebrechender Plattenjockey („Hallo meinar Freundär“) erstmals die ARD-Zuschauer und serviert kalauernd "Neues vom Schlagermarkt". Etwa alle sechs Wochen lockt er montags um 21.20 Uhr bis zu 20 Millionen Musikfans vor die Fernseher.

"Sitzen Sie bekwäm"

Mit gespielter Unbeholfenheit, schrägen Moderationen und ulkigen Sketchen präsentiert Howland die Top-Schlager vornehmlich aus deutschen und britischen Hitparaden. Auch seine ausländischen Gäste müssen deutsch singen, selbst wenn - "Satisfaction, das ist alles…" - im Original berühmte Textzeilen dabei reichlich verballhornt werden. Kommt ein Star nicht leibhaftig ins Studio B des NDR nach Hamburg, legt DJ Howland dessen Platte auf, lässt das Fernsehballett tanzen und macht Faxen dazu.

Den unkonventionellen Moderationsstil pflegt der gelernte Imker aus London, seit er 1946 beim BFN, dem deutschsprachigen Sender der britischen Streitkräfte, erstmals vor einem Radio-Mikrofon saß. 1952 wirbt ihn der NWDR in Hamburg als Hörfunk-Moderator an. "Isch bin der Scharlblattenonkel mit viel Musik für Sie. Sitzen Sie bekwäm", begrüßt Howland sein junges Publikum, das er in Scharen vom Briten-Sender zur deutschen Konkurrenz lockt.

Ohne Howland keine Stimmung

Um einen grimmigen Tontechniker aufzuheitern, begrüßt der flapsige Plattenonkel einmal seine Hörer mit "Hier ist Ihr alter Freund Heinrich Pumpernickel". Der Mann am Mischpult lacht nicht, dafür umso mehr die Hörer. So nimmt Howland seinen neuen "Kampfnamen" mit nach Köln, wo er von 1955 an beim WDR seine Karriere als erster deutscher Radio-DJ fortsetzt. Als dann der NDR einen Moderator für die "Musik aus Studio B" sucht, ist das geborene Show-Talent, berühmt durch Funk und Film, die erste Wahl. 60 Ausgaben lang bringt Chris Howland Stimmung ins ansonsten eher muffig-humorlose TV-Programm der 60er-Jahre.

Mit seiner Anarcho-Komik beeinflusst der Brite nachhaltig spätere WDR-Musik-Shows wie "Plattenküche" und "Bananas". Doch die Moderation der "Musik aus Studio B" muss er 1969 trotz anhaltenden Erfolgs abgeben. Nach Differenzen über die Zukunft der Show legt ihm NDR-Unterhaltungschef Harald Vock den Abgang nahe. "Das war der schlimmste Tag in meinem Leben", gesteht Howland später. Mit wechselnden Moderatoren läuft die Sendung weiter, doch ohne Mr. Pumpernickels Comedy-Einlagen dümpelt sie nur noch dahin. Sang- und klanglos verschwindet "Musik aus Studio B" 1976 endgültig in der Versenkung.

Stand: 22.10.2011

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.