Corona: Verändern volle Intensivstationen die Arbeit der Rettungsdienste?
Stand: 28.04.2021, 06:00 Uhr
Viele Intensivbetten sind derzeit mit Corona-Patienten belegt. Werden Notfälle deshalb in andere Kliniken gebracht? Und kostet das mehr Zeit? Wir haben bei über 40 Rettungsdiensten im Land nachgefragt.
Die Rettungsdienste in NRW fahren pro Jahr zu mehr als einer Million Einsätzen. Dabei kommt es im Notfall auf jede Minute an.
Mit steigenden Infektionszahlen in der Corona-Pandemie spitzt sich auch die Lage in vielen NRW-Krankenhäusern zu. Kliniken klagen über volle Intensivstationen - belegt mit Covid 19-Patienten. Was heißt das für die Rettungsfahrten? Dauern Einsätze nun länger, um für Notfallpatienten einen freien Platz im Krankenhaus zu finden? Der WDR hat bei 45 Rettungsdiensten im Land nachgefragt.
Die gute Nachricht vorneweg: Die meisten Rettungsdienste sehen bisher kaum Probleme im Ablauf. Es gibt aber durchaus Stellen, wo es schwierig wird. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:
Welche Klinik wird ausgewählt?
Notfall-Patienten werden grundsätzlich in die nächstgelegene fachlich geeignete Klinik transportiert, berichten die vom WDR angefragten Rettungsdienste fast unisono.
"Das kann und muss keinesfalls immer eine große oder die größte Klinik sein", heißt es dazu aus Mettmann. Manchmal wird sogar über die Landesgrenze hinaus geschaut, zum Beispiel im Kreis Steinfurt, der auch Behandlungskapazitäten im südlichen Niedersachsen einsehen kann.
Weitertransport wegen voller Intensivbetten?
Kapazitäten - so berichten die Rettungsdienste, werden schon vor dem Transport abgefragt. Um ein freies Bett zu finden, nutzen die Rettungsdienste eine Website des Innenministeriums NRW. "Die Suche ist im Grunde eine Datenbankabfrage und zeitnah erledigt", erklärt der Essener Feuerwehrsprecher Mike Filzen.
Notaufnahme: Akute Versorgung gesichert
"Da die freien Intensivplätze der Düsseldorfer Kliniken in der Leitstelle der Feuerwehr Düsseldorf in Echtzeit angezeigt werden, erfolgt in der Regel eine Zuteilung von intensivpflichtigen Patienten nur an freie Krankenhäuser", heißt es dazu aus Düsseldorf.
Manchmal müssen Patienten aber auch in benachbarten Kreisen untergebracht werden, wie ein aktuelles Beispiel aus dem Kreis Viersen zeigt. Da wurden Patienten in Häuser im Kreis Wesel verlegt, berichtet eine Stadtsprecherin, weil die Kapazitäten im Heimatkreis erschöpft waren.
Kommt es zu Zeitverzögerungen?
Die meisten der angefragten Rettungsdienste im Land verzeichnen bei den Rettungsfahrten trotz Pandemie keine oder kaum Zeitverzögerungen. Doch es gibt auch einige Städte und Kreise, die sehr wohl Zeitverluste feststellen
"Die jeweilige Suche erfordert keine zusätzliche Zeit, jedoch ergeben sich gegebenenfalls weitere Transportwege zur nächsten freien Kapazität", erklärt der ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes in Herne.
Bei ausgelasteten Intensivstationen sei es "teilweise notwendig, mehrere Kliniken zu kontaktieren, was im Einzelfall auch etwas Zeit beanspruchen kann", antwortet Arne Köster, ärztlicher Leiter Rettungsdienst des Kreises Mettmann.
Noch dramatischer beschreibt es Jonas Sobotka vom Rettungsdienst in Siegen: "Sollte der Patient auf einer Intensivstation untergebracht werden müssen, ist die Suche der Zielklinik sehr erschwert. Teilweise müssen intensivpflichtige Patienten in weit entfernte Kliniken transportiert werden." In Zeiten der Pandemie komme es deutlich häufiger vor, dass Patienten in einer Notaufnahme erst mal nur erstversorgt werden und dann aufgrund der fehlenden Intensivkapazitäten in ein anderes Krankenhaus verlegt werden müssten.
Auch im Rhein-Kreis Neuss wurden die Rettungsdienst-Kapazitäten bereits erhöht, weil die Auslastung der Kliniken zu einem höheren Zeitaufwand bei der Suche nach einem geeigneten Krankenhaus führte.
Und der Rhein-Erft-Kreis bestätigt: "Da die Ressourcen in den Krankenhäusern knapp sind, benötigt der Rettungsdienst derzeit mehr Zeit, um die Patienten in Krankenhäuser zu verbringen."