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Im Cum-Ex-Steuerskandal nutzten Banken und Investoren eine vermeintliche Gesetzeslücke, um rund um Aktien-Dividendenzahlungen Rückerstattungen für Steuern zu erhalten, die sie gar nicht gezahlt hatten. Der Schaden für die Steuerzahlenden ist immens – mindestens zwölf Milliarden Euro entgehen dem Staat durch den Cum-Ex-Betrug.
Die Juristin Anne Brorhilker, Jahrgang 1973, arbeitete seit 2009 bei der Staatsanwaltschaft Köln in der Schwerpunktabteilung zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. 2013 begann sie mit den komplexen Cum-Ex-Ermittlungen, ab 2017 als Abteilungsleiterin. Unter ihrer Verantwortung wurden fast 1.700 Verfahren geführt – und bis zu ihrem Ausscheiden aus der Staatsanwaltschaft und dem Beamtenverhältnis führten alle Anklagen zu Verurteilungen.
Nach Ansicht von Anne Brorhilker sind die Verwaltungsstrukturen in Deutschland nicht gut genug, um die grassierende Wirtschaftskriminalität ausreichend zu bekämpfen. Justizbehörden seien chronisch unterbesetzt. Deshalb würden eher solche Fälle bearbeitet, bei denen nicht viel Gegenwehr zu erwarten sei. Ihrer Meinung nach müssten die Prioritäten stärker an rationalen Kriterien orientiert sein: Wo entsteht der größte Schaden? Wo ist die höchste kriminelle Energie zu erkennen?
Im März 2024 gab Anne Brorhilker ihren Posten als Staatsanwältin auf und wechselte zu dem 2018 gegründeteten Verein "Bürgerbewegung Finanzwende". Diese Organisation versteht sich als Gegengewicht zur Finanzlobby und setzt sich für faire Finanzmärkte ein. Brorhilker leitet dort den Bereich Finanzkriminalität.
Redaktion: Jessica Eisermann