Futuristische Kleider, geometrisch, kurz, weiß - dazu flache Stiefel und Helme: Die Mode von André Courrèges ist eine Sensation Anfang der 1960er Jahre. Die Models sehen aus wie Schauspielerinnen der deutschen Science-Fiction-Serie "Raumpatrouille Orion".
"Die Geschichte der Mode teilt sich in zwei biblische Epochen", sagt Mode-Experte Peter Paul Polte. "BC und AC: Before Courrèges and After Courrèges."
Darlehen von Balenciaga
Der am 9. März 1923 in Pau geborene französische Modeschöpfer studiert zunächst Bauingenieurwesen und Brückenbau. Als technischer Zeichner kommt er 1950 nach Paris in das Modehaus Balenciaga - um Schnittmuster zu fertigen.
"Das hat mir die Tür zum Leben geöffnet", sagt Courrèges später. Cristóbal Balenciaga erkennt, dass mehr in seinem Schüler steckt als ein Techniker. Nach elf Jahren entlässt er Courrèges in die Selbstständigkeit, gibt ihm ein zinsloses Darlehen und überlässt ihm einige Kundinnen.
Wütende Coco Chanel
1961 eröffnet Courrèges sein erstes Atelier in Paris. Vier Jahre später überrascht seine erste Kollektion die Pariser Haute Couture. Während Cristóbal Balenciaga, Yves Saint Laurent, Pierre Cardin begeistert sind, reagiert Coco Chanel entsetzt.
"Coco Chanel war furchtbar wütend auf ihn", sagt Mode-Experte Polte. "Sie hat gesagt: 'Dieser Mann ist versessen darauf, die Frauen zu zerstören, ihre Formen zu vernichten, um sie in kleine Mädchen zu verwandeln.'"
Parfums, Autos, Kloschüsseln
Da sich die futuristische und kostspielige Mode nicht gut genug verkauft, macht Courrèges eine kreative Pause. Zwei Jahre später kommt er zurück - unter anderem mit einer preisgünstigen Prêt-à-porter-Linie.
Zu seinen Kundinnen zählen Jackie Kennedy, Brigitte Bardot und Romy Schneider. Er kleidet sie in Hosen und führt 1965 den Minirock der Britin Mary Quant in die französische Haute Couture ein.
Ein paar Jahre später wird der Stil von Courrèges femininer.1972 kleidet er das französische Olympia-Team für München ein. Danach entwirft er auch Herrenmode, Priestergewänder, Parfums, Autos, Badewannen und Kloschüsseln.
"Nichts Neues" seit den 1970ern
Mitte der 1990er Jahre zieht sich Courrèges aus der Mode-Welt zurück. Er leidet bereits seit Jahren an der Parkinson-Krankheit. An deren Folgen stirbt er am 7. Januar 2016 in Neuilly-sur-Seine im Alter von 92 Jahren.
In seinem letzten Interview sagt er über die heutige Mode: "Die meisten Menschen haben in den 1960ern und 1970ern meine Mode verstanden und getragen. Ich sehe nicht, dass etwas Neues gekommen ist."
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 9. März 2018 ebenfalls an André Courrèges. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 10.03.2018: Vor 20 Jahren: Wut-Pressekonferenz von Giovanni Trapattoni