Farben wecken Aufmerksamkeit und regen unsere Fantasie an. In Bruchteilen von Sekunden aktivieren sie tief im Unterbewussten verankerte Botschaften, die unser Konsumverhalten entscheidend bestimmen. Unternehmen stecken deshalb immense Summen in Image-Kampagnen, damit eine bestimmte Farbe auf Anhieb mit ihren Marken verbunden wird.
Besonders begehrt in der Werbebranche ist die Farbe Gelb. Denn gelb, erklärt der Düsseldorfer Marken-Experte Frank Dopheide, "ist immer sonnig. Es ist aber auch jung und wird mit Spaß assoziiert. Also durchaus positiv." Kein Wunder also, dass ein Energie-Riese über Jahre zig-Millionen Euro investiert, um den Slogan "Strom ist gelb" in die Köpfe der Verbraucher zu hämmern. Die "Yello"-Werber wildern damit bewusst in fremdem Revier, denn das Gelb ist in Deutschland seit Jahrzehnten fest in der Hand der Post.
Postillion in Kanarie-Uniform
Ihre prägnante Hausfarbe verdankt die frühere Deutsche Bundespost nicht der Weitsicht cleverer PR-Strategen, sondern den alliierten Besatzern. Am 22. November 1946 legt der Verwaltungsausschuss für das Post- und Fernmeldewesen in der britischen und amerikanischen Zone in Frankfurt fest, "dass die Postverwaltung in den beiden Zonen künftig das traditionelle Postgelb als Farbe verwendet." Nur, ganz so eindeutig trifft das mit der Tradition der Postfarbe nicht zu.
Richtig ist, dass Franz von Taxis, Ur-Vater des deutschen Posttransportwesens, 1490 von Kaiser Maximilian das Privileg erhält, einen regelmäßigen Kurierdienst zwischen Innsbruck und Brüssel zu unterhalten. Für Kutschen und Uniformen wählt von Taxis die Habsburger Hausfarben schwarz und gelb. Im bunten Flickenteppich der deutschen Kleinstaaten und Fürstentümer herrscht allerdings später eine muntere Farbenvielfalt. Preußische Postler etwa tragen blau, die Württemberger dagegen rot. Die blau-gelbe Dienstkleidung sächsischer Postillione nennt der Volksmund "Kanarien-Uniformen".
Post in der "Farbe der Bewegung"
Allein bei Postfuhrwerken setzt sich im 19. Jahrhundert trotz aller pluralistischer Farbvielfalt gelb durch – wegen der guten Signalwirkung. 100 Jahre später kann deshalb Bundespräsident Walter Scheel den Gassenhauer "Hoch auf dem gelben Wagen" schmettern. Erst in der Weimarer Republik werden Fahrzeuge, Briefkästen und Telefonzellen der Post einheitlich gelb. Nach 1933 wechselt dann die Farbe erneut, denn die Nationalsozialisten verpassen dem gesamten Postinventar die "Farbe der Bewegung". "Die im Postdienst verwendeten Kraftfahrzeuge sollen fortab nicht mehr gelb, sondern rot lackiert werden", dekretiert 1934 das Reichspostministerium.
Mit dem Untergang des Nazi-Regimes endet auch das Kapitel "rote Post". Um alle Spuren von Hitler-Deutschland im öffentlichen Leben zu tilgen, verordnen die Alliierten 1946 die Rückkehr zum althergebrachten Gelb. Ein politischer Beschluss, der werbetechnisch für das entstehende Großunternehmen Bundespost nicht günstiger hätte ausfallen können. In den folgenden Jahrzehnten ändert sich deshalb nur noch die Farbnuance, vom 1946 eingeführten Honiggelb zunächst zum Rapsgelb. In den 80er-Jahren wandelt es sich zum Ginstergelb, das auch die Privatisierung des Staatsunternehmens 1994 und den Börsengang der Post AG im Jahr 2000 überdauert.
Stand: 22.11.2011
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