Michelangelo Buonarroti (zeitgen. Porträt)

Stichtag

18. Februar 1564 - Tod von Michelangelo

Einsam und verbittert zieht Michelangelo Buonarroti im Januar 1547 als 71-Jähriger Bilanz über sein Leben: "Meine Freude ist die Melancholie, meine Ruhe sind die Qualen. Die Liebesflamme ist erloschen, die Seele ist kahl."

Seine Zeitgenossen bewundern weit über Italiens Grenzen hinaus die nahezu übermenschliche Schaffenskraft des Bildhauers und Malers. Aber Michelangelos Perfektionismus, sein Ringen mit Päpsten und der lebenslange Kampf gegen Konkurrenten haben ihn sichtlich gezeichnet. Doch es liegen noch über 17 Lebensjahre und sechs weitere Päpste vor dem selbstquälerischen, menschenfeindlichen Kunst-Genie der Hochrenaissance.

Protegé von Lorenzo de’ Medici

Als zweiter Sohn von Lodovico di Leonardo Buonarroti wird Michelangelo 1475 in Caprese geboren. Mit 13 Jahren tritt er in die Werkstatt des Florentiner Malers Domenico Ghirlandaio ein. In Rekordzeit erlernt er die Tricks und Mühen der Freskomalerei und entdeckt seine Liebe für die Bildhauerei. 1489 nimmt ihn Lorenzo de' Medici, "der Prächtige", in seine Kunstschule auf. Der mächtige Fürst von Florenz fördert Michelangelo wie einen Sohn. Obwohl der junge Künstler sich als schwieriger Charakterkopf erweist, erhält er schon bald mehr Aufträge, als er bewältigen kann.

Auf Einladung des Kardinals Raffaele Riario kommt Michelangelo Ende 1496 zum ersten Mal nach Rom. Für ihn erschafft er einen Bacchus nach antikem Vorbild und bekommt danach den Auftrag für eine Marienstatue in der Peterskirche. Binnen zwei Jahren schlägt Michelangelo aus einem einzigen Marmorblock seine Vision der Maria mit dem Leichnam Jesu heraus. Ihm gelingt ein Werk, dem Künstlerkollegen wie Publikum starr vor Staunen gegenüberstehen. Die Pietá, noch heute im Petersdom zu sehen, macht ihren 23-jährigen Schöpfer über Nacht berühmt.

Die Fresken in der Sixtinischen Kapelle

Zurück in Florenz nimmt sich Michelangelo 1501 einen ungenutzten Marmorblock vor. Trotz ungünstiger Proportionen meißelt er daraus den überlebensgroßen David, die bekannteste Statue der Kunstgeschichte. Papst Julius II., machtbewusster Pontifex und kriegerischer Feldherr in einem, gibt bei ihm sein Grabmal im Petersdom in Auftrag, eine freistehende monumentale Nekropole mit über 40 Figuren. Das überbordende Projekt führt zum Streit zwischen Papst und Künstler. Wie so viele Werke Michelangelos bleibt es unvollendet. Als Kompensation bietet Julius II. dem Künstler an, die Sixtinische Kapelle mit Fresken zu dekorieren.

Trotz großer Sorge vor einer Blamage übernimmt der als Fresko-Maler ungeübte Michelangelo den Auftrag. In vier Jahren malt er bis 1512 die Schöpfungsgeschichte in einen beispiellosen Bilderkosmos an die Decke der Sixtina, im Zentrum die "Erschaffung Adams", in der Gottes Finger den Lebensfunken an Adam überträgt. Mit dem 1541 nach fünfjähriger Arbeit vollendeten "Jüngsten Gericht" an der Stirnseite der Kapelle gelingt Michelangelo eines der brillantesten Werke der abendländischen Kunst. Überwältigt schreibt Johann Wolfgang von Goethe drei Jahrhunderte später nach seinem Besuch der Sixtinischen Kapelle: "Seine Großheit geht über allen Ausdruck."

In seinen letzten Lebensjahrzehnten widmet sich Michelangelo überwiegend der Architektur. Er ordnet das seit Jahrzehnten herrschende Chaos beim Bau der neuen Peterskirche und krönt sein Lebenswerk mit dem Entwurf der riesigen, frei schwebenden Kuppel. Ihre Fertigstellung erlebt das Universal-Genie nicht mehr. Im für damalige Maßstäbe biblischen Alter von fast 89 Jahren stirbt Michelangelo Buonarroti am 18. Februar 1564 in Rom.

Stand: 18.02.2014

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