Gangelt wird zum ersten deutschen Corona-Hotspot. Und seit diesem Tag kennt auch die ganze Welt das Wort "Kappensitzung". Denn die Party am 15. Februar 2020 sorgte für den ersten massiven Corona-Ausbruch in Deutschland. Bei der Sitzung der "Langbröker Dicke Flaa" sitzt das Ehepaar unter den rund 300 Besuchern. Mit dem Corona-Virus infiziert, aber das wussten die beiden damals nicht.
Zwölf Tage später gibt es in Gangelt schon 20 bestätigte Covid-19-Fälle. Rund 1.000 Menschen müssen sicherheitshalber in Quarantäne.
Schulschließungen als strikte Maßnahme
Plötzlich werden Schulen und Geschäfte in dem kleinen Ort dicht gemacht. Der heutige Bürgermeister von Gangelt, Guido Willems, erinnert sich noch genau: "Ich habe sofort an die Betroffenen gedacht, von denen man zu diesem Zeitpunkt wusste. Es war eine besonnene Entscheidung, erst einmal die Schulen zu schließen", sagt der CDU-Politiker.
Immer mehr Menschen steckten sich mit dem Corona-Virus an. Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch wird zum Krisenmanager. Er produziert hunderte von Video-Botschaften in denen er die Menschen informiert. "Es gab ein bestimmtes Wir-Gefühl der Heinsberger, dass wir das so gewuppt haben", sagt der CDU-Landrat heute.
Menschen helfen sich untereinander
Die Menschen helfen sich gegenseitig: Nachbarn gehen einkaufen für jene Menschen, die in Quarantäne sind. Ein Bäcker bringt seinen Stammkunden das Brot bis an die Haustür.
"Mit Solidarität kann man fast alle Krisen der Menschheit überstehen." Guido Willems, Bürgermeister Gangelt
Die Gemeinde Gangelt stand zu diesem Zeitpunkt auch im Mittelpunkt der weltweiten Berichterstattung. Dutzende Journalisten besuchten fast täglich die kleine Gemeinde mit den 13.000 Einwohnern. Trotzdem blieben die Bürger ruhig, erinnert sich der Bürgermeister. Klar, es habe Hamsterkäufe gegeben, aber Panik sei nicht ausgebrochen. Heute wollen nur noch die wenigsten ein Interview geben. Mit der Corona-Pandemie habe man abgeschlossen. Das sei ein Stück Geschichte, heißt es heute.
Anfeindungen und Existenzängste
Unangenehme Erlebnisse blieben damals nicht aus: Das Kennzeichen HS für den Kreis Heinsberg sorgt für Anfeindungen. Mancher Pkw wurde beschädigt. Handwerksbetriebe aus dem Kreis Heinsberg bekamen plötzlich keine Aufträge mehr, viele kämpften um ihre Existenz.
Mittendrin immer wieder Landrat Stephan Pusch: Er versuchte die Menschen im Kreis Heinsberg zu beruhigen. Man habe ziemlich unter Druck gestanden, erzählt der CDU-Politiker. Doch die Krise habe letztendlich den Zusammenhalt gestärkt.
Normalität ist zurückgekehrt
Heute – fünf Jahre später – ist die Corona-Pandemie bei vielen in Vergessenheit geraten. Die Gemeinde Gangelt hat zurück in die Normalität gefunden. Klar, viele verbinden mit Gangelt immer noch die Corona-Pandemie, aber es wird wieder gefeiert. Auch die Kappensitzung findet wieder statt.
Kritisch blickt der Gangelter Bürgermeister Guido Willems zurück: "Es habe auch viel Panik und Hysterie geherrscht. Man hätte viele Sachen schneller abarbeiten können, wenn man mehr Ruhe bewahrt hätte." Das ist die persönliche Lehre des Bürgermeisters aus den Ereignissen des Jahres 2020.
Unsere Quellen:
- Reporter vor Ort
- Guido Willems, Bürgermeister Gangelt
- Heinsberger Landrat Stephan Pusch