Vier Jahre und drei Monate, 20 Millionen Tote weltweit - der Erste Weltkrieg war ein globaler Krieg. Entsprechend kompliziert verlaufen ab Januar 1919 die Friedensverhandlungen in Paris.
10.000 Teilnehmer hat die Konferenz. Neben Staatenlenkern, Ministern und Diplomaten sind auch Berater, Reporter und Fotografen in der französischen Hauptstadt. Uniformierte von 26 Armeen sind in den Straßen präsent.
Wilsons Vorschlag
Schon vor Kriegsende hat US-Präsident Woodrow Wilson die Grundlage einer neuen Staatenordnung skizziert. Europas Großmächte haben in seinen Augen versagt. Deshalb fordert er: Schluss mit dem imperialen Gehabe.
Jede Nation habe das Recht, über sich selbst zu bestimmen. Ein Völkerbund soll künftig Sicherheit garantieren. Doch in Paris wird deutlich, dass die anderen Siegermächte lieber auf Vergeltung setzen.
Schwächen oder stabilisieren?
Die Franzosen haben einen hohen Preis für den alliierten Sieg gezahlt. Frankreichs Ministerpräsident George Clemenceau fordert darum den Rhein als Staatsgrenze. Deutschland soll so geschwächt werden, dass es den Nachbarn nie wieder angreifen kann.
Großbritanniens Premier David Lloyd George befürchtet jedoch, eine soziale Misere könnte die Deutschen in die Arme der Bolschewiki treiben. Außerdem hat er seinen Wählern Reparationen versprochen. Die kann Deutschland nur leisten, wenn die Wirtschaft floriert.
Was ist mit den Kolonien?
Weiter stellt sich die Frage: Was geschieht mit deutschen Kolonien in Afrika, China und im Pazifik? Was geschieht überhaupt mit den Kolonien?
Wilsons Programm der nationalen Selbstbestimmung zieht viele junge Männer nach Paris - dazu gehört der Vietnamese Ho Chi Minh, der Chinese Deng Xiaoping und der Inder Jawaharlal Nehru.
Sechs Monate Verhandlungen
Sie müssen erleben wie Polen, Tschechen, Balten und Südslawen das Recht auf nationale Selbstbestimmung gewährt wird, nicht aber der Kolonialbevölkerung.
Sechs Monate dauert es, bis in Paris die Weltkarte neugezeichnet ist. Am 28. Juni 1919 wird im Spiegelsaal von Versailles der Friedensvertrag unterzeichnet.
Kein "Schandfriede"
Deutschland verliert ein Siebtel seines Gebietes und ein Zehntel seiner Bevölkerung, zudem die Kolonien. Doch ein "Schandfriede", wie ihn vor allem die Nazis später bezeichnen, ist es nicht.
Briten und Amerikaner haben die Zerschlagung Deutschlands verhindert - nicht uneigennützig. Denn Deutschland ist wichtig als Industriestandort und Absatzmarkt. Anfang der 1930er Jahre werden deshalb die Reparationszahlungen faktisch erlassen.
Programmtipps:
Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.
"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 28. Juni 2019 ebenfalls an den Versailler Vertrag. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.
Stichtag am 29.06.2019: Vor 5 Jahren: IS ruft Kalifen von Syrien und Irak aus